Duprat

[292] Duprat (spr. düprá), 1) Antoine, Kardinal und Kanzler von Frankreich, geb. 1463 in Issoire, gest. 1535, war erster Präsident des Parlaments von Paris, als die Herzogin von Angoulême ihm 1507 die Erziehung ihres Sohnes, des spätern Königs Franz I., übertrug. Nach dessen Thronbesteigung 1515 zum Kanzler ernannt, schloß er 1516 das Konkordat mit Papst Leo X. ab, das die gallikanischen Freiheiten opferte und den Klerus der Willkür des Königs überlieferte. Durch Habsucht und Grausamkeit war er dem Volke verhaßt und behauptete sich nur durch die Gunst der Königin-Mutter. Da er nach dem Tode seiner Gattin in den geistlichen Stand eingetreten war, verbündete er sich eng mit der extrem altgläubigen Partei und ward zum Erzbischof von Sens und 1527 zum Kardinal ernannt. Er veranlaßte die strengen Strafedikte gegen die Anhänger der Reformation in Frankreich. Vgl. die Biographie von der Hand seines Nachkommen, Marquis Antoine Théodore D. (Par. 1857).

2) Pierre Pascal, franz. Publizist, geb. 24. März 1815 in Hagetmau (Landes), gest. 17. Aug. 1885, ward 1839 Lehrer der Geschichte am Gymnasium zu Algier, kam 1844 nach Paris und schrieb als Sozialrepublikaner für mehrere Journale dieser Richtung. 1848 in die konstituierende Nationalversammlung gewählt, hielt er sich daselbst zur Partei der gemäßigten Republikaner. Auf seinen Antrag wurde Paris 24. Juni 1848 in Belagerungszustand erklärt und Cavaignac mit diktatorischer Gewalt bekleidet. In der Nacht des Staatsstreichs, 2. Dez. 1851, wurde er verhaftet, 1853 aus Frankreich verbannt und lebte seitdem in Brüssel und in Lausanne, wo er eine Professur an der Akademie bekleidete. 1871 wiederum in die französische Nationalversammlung gewählt, nahm er hier seinen Platz auf der äußersten Linken. In allen diesen Stellungen begründete er Zeitschriften, die aber kein langes Leben fristeten. 1876–81 war er Mitglied der Deputiertenkammer, dann Gesandter in Chile. Von seinen Werken sind anzuführen: »Essai historique sur les races anciennes et modernes de l'Afrique septentrionale« (Par. 1845); »Timon et sa logique« (das. 1845); »Les tables de proscription de Louis Bonaparte et ses complices« (Lütt. 1852, 3 Bde.); »Les Encyclopédistes, leurs travaux, leurs doctrines et leur influence« (Brüssel 1865); »La conjuration des petits États en Europe« (das. 1867); »Les révolutions« (das. 1870); »Frédéric Bastiat« (neue Ausg., Par. 1878); »L'esprit des révolutions« (das. 1879, 2 Bde.). Seine Biographie schrieb Nigoul (Par. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 292.
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