Einstweilige Verfügungen

[469] Einstweilige Verfügungen dienen nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 935–945), zum Unterschied von dem die Sicherung von Geldforderungen bezweckenden Arrest (s. d.), zur Sicherung einer sogen. Individualleistung oder zur Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis. Sie sind auch in nicht rechtshängigen Sachen zulässig. E. V. in Beziehung auf den Streitgegenstand dürfen (nach § 935) erlassen werden, wenn die dereinstige Vollstreckung eines Anspruchs auf eine individuelle Leistung des Schuldners gefährdet ist. Zuständig für die Erlassung der einstweiligen Verfügungen ist das Gericht der Hauptsache, in dringenden Fällen auch der Vorsitzende dieses Gerichts, oder das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Streitgegenstand befindet. Im übrigen finden die Vorschriften über das Arrestverfahren, soweit sich aus dem Gesetz nichts andres ergibt, entsprechende Anwendung; der Vollzug der einstweiligen Verfügungen kann weder nach den Regeln der Pfändung geschehen, noch ein Pfandrecht begründen, da letzteres nur zur Erzielung einer Geldzahlung führen könnte. Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen[469] zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind. Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration (s. d.) oder in einem Gebot oder Verbot an den Gegner bestehen. Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung darf nur ausnahmsweise gestattet werden. E. V. zum Zweck der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (sogen. Provisorien) sind zulässig, sofern sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus andern Gründen nötig erscheinen, z. B. bei Baustreitigkeiten, Streitigkeiten zwischen Gastwirt und Gast, zwischen Eheleuten über Unterhaltsleistungen etc. Hat auf Grund der einstweiligen Verfügung eine Eintragung in das Grundbuch oder Schiffsregister zu erfolgen, so ist nach dem neuen § 941 das Gericht befugt, das Grundbuchamt oder die Registerbehörde um die Eintragung zu ersuchen. Von den erörterten einstweiligen Verfügungen sind die Einstweiligen Anordnungen (s. d.) zu unterscheiden, durch die eine Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 469-470.
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