Fette Säuren

[490] Fette Säuren, einbasische organische Säuren von der Formel CnH2nO2, entstehen aus Ameisensäure HCOOH, indem das am Kohlenstoffatom befindliche Wasserstoffatom durch Alkoholradikal ersetzt wird, z. B. Essigsäure CH3.COOH. Die fetten Säuren bilden eine homologe Reihe, aus der folgende Glieder am wichtigsten sind:

Tabelle

Von der Buttersäure an sind isomere Säuren möglich, und zwar für jedes Glied der homologen Reihe um so mehr, je höher die Anzahl der Kohlenstoffatome ist. Die fetten Säuren finden sich z. T. weitverbreitet im Pflanzen- und Tierreich, teils frei, teils in Salzen, Estern (Obst) und Glyzeriden (Fette) und können nach mehreren Methoden synethisch dargestellt werden. Die kohlenstoffarmern bis zur Pelargonsäure inklusive heißen flüchtige f. S.; sie sind bei gewöhnlicher Temperatur flüssig, riechen stechend, schmecken brennend, destillieren unzersetzt, sin dz. T. entzündlich und lösen sich in Alkohol und Äther. Die ersten Glieder der Reihe mischen sich mit Wasser, aber die Löslichkeit nimmt mit steigendem Kohlenstoffgehalt stark ab. Sie reagieren stark sauer und bilden meist lösliche, kristallisierbare Salze. Die kohlenstoffreichen Glieder der Reihe, die eigentlichen fetten Säuren, sind bei gewöhnlicher Temperatur starr, geruch- und geschmacklos, nur im Vakuum destillierbar, brennen mit leuchtender Flamme, sind unlöslich in Wasser, löslich in siedendem Alkohol, leicht löslich in Äther, reagieren sauer und bilden Salze, von denen nur die der Alkalien (die Seifen) in Wasser löslich sind. Die Schmelzpunkte und die Siedepunkte der fetten Säuren steigen mit dem Kohlenstoffgehalt. Man gewinnt die fetten Säuren aus den natürlichen Fetten, indem man diese mit Kalilauge zersetzt (verseift), wobei Glyzerin[490] und die Kalisalze der selten Säuren entstehen, deren Glyzeride in dem Fett enthalten sind. Aus den Kalisalzen scheidet man die fetten Säuren durch eine Mineralsäure ab. In der Technik werden Stearin-, Palmitin- und Oleïnsäure auch durch Zersetzung der Fette mit Schwefelsäure oder überhitztem Wasserdampf gewonnen. Durch Reduktion erhält man aus den fetten Säuren Alkohole, die eine entsprechende Reihe homologer Körper bilden. Der Ameisensäure entspricht der Methylalkohol, der Essigsäure der Äthylalkohol etc. Diese Alkohole können durch Oxydation wieder ins. S. verwandelt werden. Sie verlieren dabei zuerst Wasserstoff und geben Aldehyde, die dann Sauerstoff aufnehmen. Mit Alkoholen zusammengesetzt bilden die fetten Säuren Äther (Ester), wie den Essigsäureäthylester (Essigäther) und viele andre, die z. T. als Fruchtäther eine Rolle spielen. Die Äther des dreiatomigen Glyzerins, die Glyzeride, bilden die natürlichen Fette. Manche fette Säuren finden ausgedehnte technische Verwendung, besonders Essigsäure, Stearin- und Palmitinsäure, dann auch Ameisensäure, Baldriansäure und Buttersäure.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 490-491.
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