Gallmücken

[292] Gallmücken (Cecidomyidae), Insektenfamilie aus der Ordnung der Zweiflügler. Die hierher gehörige Gattung Cecidomyia Meig. umfaßt kleine, äußerst zarte Mücken mit langen, perlschnurförmigen, wirbelhaarigen, 13–16gliederigen Fühlern, mondförmigen, auf dem Scheitel zusammenstoßenden Augen, sehr schlanken Beinen und breit abgerundeten, dicht behaarten [292] Flügeln mit 3–4 Längsadern. Von den Larven, die im Innern von Pflanzenteilen leben, erzeugen viele Gallen und werden dadurch oft schädlich. Man kennt gegen 100 europäische Arten. Der Getreideverwüster (Getreidegallmücke, Hessenfliege, C. destructor Say., s. Taf. »Landwirtschaftliche Schädlinge I«, Fig. 13) ist 2,7–3,7 mm lang, mit sehr langen Beinen, samtschwarz, am Bauch, zwischen den Hinterleibsringen und auf einer Mittellinie des Rückens blutrot, an den Fühlern rötlichgelb behaart. Das seltenere Männchen ist 3 mm lang, weniger intensiv gefärbt, rötlichgelb, nur an den Flügeln schwarz behaart. Das Insekt fliegt im April und Mai und legt seine walzenförmigen Eier an die untersten Stengelblätter von Weizen, Roggen oder Gerste; die bald ausschlüpfenden fußlosen, gelblichweißen Larven setzen sich zwischen Halm und Blattscheide fest und beschädigen erstern so stark, daß er später umknickt. Im Juni verpuppt sich die Larve in der Körperhaut, und von August bis Oktober schlüpft das Insekt aus. Diese Generation legt die Eier an Wintersaaten, und die Larven überwintern in den Puppenhülsen. Die von ihnen befallenen Pflanzen gehen im Winter meist zugrunde. Der Getreideverwüster hat in Nordamerika (wo man irrtümlich glaubte, er sei 1776 oder 1777 durch hessische Truppen eingeschleppt worden), aber auch in Deutschland vielfach bedeutenden Schaden angerichtet. Zur Bekämpfung hat man den Gerstennachwuchs zwischen Mitte Oktober und Mitte April durch Umpflügen zu beseitigen und die Wintersaat spät auszusäen. Aus letzterer kann man vor Eintritt des Frostes die von den Maden getöteten Pflänzchen auslesen. Die Weizengallmücke (roter Wibel, C. tritici Kirby, s. Tafel »Landwirtschaftliche Schädlinge I«, Fig. 11), 2 mm lang, bleich ocker- bis orangegelb, flaumhaarig; das viel seltenere Männchen ist kleiner und viel düsterer gefärbt. Das Weibchen fliegt von Mitte Juni bis Mitte Juli und legt seine Eier in Weizenblüten; die bald ausschlüpfenden, lebhaft gelben Larven leben vom Blütenstaub oder dem Milchsaft des jungen Korns und bewirken ein brandiges Aussehen der Ähren. Auch an Roggen, Gerste und andern Gramineen sollen sie vorkommen. Sie gehen zur Erntezeit flach in die Erde, überwintern dort und verpuppen sich im Frühjahr; viele gelangen aber auch in die Scheuern. Zur Bekämpfung ist der Staub nach dem Ausdrusch und der Reinigung des Getreides zu vernichten und die Stoppel tief umzupflügen. Die Kohlgallmücke (C. brassicae Winnertz), 1 mm lang, mit dunkelm Körper, stellenweise silbern schimmernder Behaarung und fleischrotem, braun und schwarz gebändertem Hinterleib, überwintert und legt im Frühjahr ihre Eier in die Narben der Fruchtknoten der Rübsaat; die milchweiße Larve lebt in den Schoten der Rübsaat und saugt an den jungen Samen, oft 50–60 Stück in einer Schote. Sie verpuppt sich in der Erde, und die bald ausschlüpfende Mücke bildet in den Schoten andrer Kruziferen eine zweite Generation. Auch den Obstbäumen werden manche G. schädlich, und viele gallenerzeugende Arten leben auf Weiden; die zwiebelförmigen roten und gelben Gallen auf Buchenblättern sowie die erbsengroßen auf Zitterpappelblättern werden ebenfalls von Gallmückenlarven erzeugt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 292-293.
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