Gehirnkrankheiten

[478] Gehirnkrankheiten. Die Krankheiten des Gehirns äußern sich, ganz allgemein betrachtet, in erhöhter Tätigkeit (Reizerscheinungen) oder in herabgesetzter Leistung (Lähmungen) des Gehirns. Da die verschiedenen Teile des Gehirns sehr verschiedenen Tätigkeiten vorstehen, so wird eine Reizung gewisser Bezirke der Gehirnrinde gesteigerte seelische Vorgänge (Wahnideen, Sinnestäuschungen, Tobsucht, Wahnsinn), die Reizung motorischer Zentren dagegen abnorme Bewegungen (Epilepsie, Veitstanz, Krampf, Muskelstarre) zur Folge haben. Äußert sich die Gehirnkrankheit in Lähmung, so kann auch diese als eine Störung der Intelligenz (Blödsinn, Angst, Melancholie) oder als eine Lähmung der Muskeln (Paralyse, Parese, Blasenlähmung, Gesichtslähmung, Herzlähmung) auftreten. Die jeweiligen anatomischen Ursachen einer Gehirnkrankheit lassen sich aus den Erscheinungen nicht ohne weiteres schließen, da nicht selten Entzündungen oder Neubildungen, die von den Gehirnhäuten oder den Gehirnhöhlen oder gar der Schädelkapsel ausgehen, dieselben Symptome machen wie diejenigen der nervösen Gehirnsubstanz selbst; häufig löst sogar eine Entzündung oder ein Parasit (Finne) anfangs Reizerscheinungen aus und führt erst in spätern Stadien, wenn die Nervensubstanz zerstört ist, zur Lähmung. Wenn man von den Geisteskrankheiten (s.d.) absieht, so sind der Gehirnabszeß, die Gehirnerweichung, der Gehirnschlag und bösartige Geschwülste im Gehirn die häufigsten G., in der Regel werden aber die Gehirnhautentzündungen den eigentlichen G. zugezählt. Vgl. Wernicke, Lehrbuch der G. (Kaff. u. Berl. 1881–83, 3 Bde.); Monakow, Oppenheim u. a. in Nothnagels »Spezielle Pathologie und Therapie« (Wien 1896–97).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 478.
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