Gehirnkrankheiten

[67] Gehirnkrankheiten. Die Krankheiten des Gehirns u. seiner Hüllen sind sehr schwierig zu erkennen, mit Ausnahme etwa von Hydrocephalus, Hirnbruch u. Hirnhautkrebs. Einige wenige, plötzlich eintretende, wie Apoplexie u. Meningitis, sind zuweilen mit größerer Wahrscheinlichkeit zu diagnosticiren. Sehr oft ist man eine erkennbare Ursache aufzufinden gar nicht im Stande. Man muhet bei Complexen von gewissen Hirnsymptomen auf Art u. Sitz der Störung u. unterscheidet Gehirnreizung, Torpor, Druck, Lähmung, Erschütterung u. Narkose des Gehirns, u. ferner, ob der Sitz in den Hirnhäuten, auf der Gehirnoberfläche, in den Ganglien, auf der Basis, in der Marksubstanz od. im kleinen Gehirn ist. Die Ursachen der G. sind solche, die entweder direct od. indirect auf das Gehirn wirken. Zu den erstern gehören mechanische Verletzungen u. Erschütterungen des Schädels sowie abnormes od. übermäßiges Thätigsein, bes. des Gefühls u. des Verstandes. Mittelbar werden G. hervorgerufen durch Erkrankung der Nachbarorgane, bes. der Schädelknochen, u. deren Verbreitung auf die Hirnhäute u. das Gehirn, durch Vergiftungen, bes. durch Narcotica (s. Gehirnnarkose), auch durch Metallgifte (Arsen, Blei, Mercur), wenigstens in der Nachwirkung, durch abnorme Beschaffenheit des Blutes u. der Blutgefäße, durch widernatürliche Einwirkung auf das Gehirn mit Hülfe der sensoriellen u. sensitiven Nerven, durch abnorme Temperaturgrade u. Körperlagen, durch mangelhafte Ernährung u. Thätigkeit des Nervensystems, bes. des Gehirns. Die verschiedenen Lebensalter zeichnen sich durch verschiedene Neigung zu G. aus; im Kindesalter kommt außer den angeborenen G. bes. häufig Meningitis (vorzüglich tuberculöse) vor, sodann Hydrocephalus u. Gehirnhypertrophie. Jedoch treten bei Kindern sehr leicht Hirnsymptome ein, ohne daß man sofort an G. zu denken nöthig hat, indem sehr oft Gehirnsymptome, z.B. die sog. Hirnkrämpfe, von Krankheiten der Brust- u. Unterleibsorgane bedingte (reflectirte) od. durch Anämie erzeugte Erscheinungen sind. Im mittleren Lebensalter wird das Gehirn gern von Entzündungen, Erweichungen u. Aftergebilden heimgesucht, häufiger noch leidet es durch die sog. acuten Blutdyscrasien. Das höhere Lebensalter ist zu Hirnapoplexie geneigt, u. bei Greisen tritt die Gehirnatrophie mit Wasseransammlung ein. Vgl. Burdach, Beiträge zur näheren Kenntniß des Gehirns, Lpz. 1806, 2 Bde.; Abercrombie, Über die Krankheiten des Gehirns, aus dem Engl. von de Blois, mit Anhang über die Geschwülste im Gehirn von Nasse, Bonn 1821; Pathologische u. praktische Untersuchungen über die Krankheiten des Gehirns, aus dem Engl. von v. d. Busch, Bremen 1829; Lallemand, Anatomisch-pathologische Untersuchungen über das Gehirn, aus dem Franz. von Weese, Lpz. 1825; Sahmen, Die Krankheiten des Gehirns, Riga 1826; Bayle, Traité des maladies du cerveau, Par. 1826; Monro, The morbid anatomy of de orain, Lond. 1828; Bompard, Betrachtungen über einige Krankheiten des Gehirns, aus dem Franz. von Vezin, Osnabrück 1830; Neumann, Von den Krankheiten des Gehirns, Coblenz 1833; Rey, Sur la pathogenie de quelques affections de Paxe cerebro-spinal, Par. 1834; Wilson-Philipp, A treatise on the more obscure affections of the brain, Lond. 1835; Parchappe, Recherches sur l'encephale, sa structure, ses fonctions et ses maladies, Par. 1836–38; Andral, Die Krankheiten des Gehirns, aus dem Franz. von Kähler, Königsb. 1837, 2 Thle.; Sammlung zur Kenntniß der Gehirn- u. Rückenmarkskrankheiten, aus dem Engl. u. Franz. von Gottschalk, herausgeg. von Fr. Nasse, Stuttg. 1837–40; Autier, Traité du cerveau, de ses fonctions, des causes, des symptomes, du diagnostic et du traitement de ses maladies, Par. 1837; Breßler, Die Krankheiten des Kopfes u. der Sinnesorgane, Berl. 1839, 2 Bde.; Friedmann, Von den Krankheiten des Hirns u. seiner Häute im Allgemeinen, Nürnb. 1809; Carus, Grundzüge einer neuen u. wissenschaftlich begründeten Kranioskopie, Stuttg. 1841; Pinet, Traité de pathologie cérébrale ou des maladies du cerveau, Par. 1844; Mauthner, Die Krankheiten des Gehirns u. des Rückenmarks bei Kindern, Wien 1844; d'Alnancourt, Die Gehirnaffectionen der Kinder in der Dentitionsperiode, Lpz. 1845; Burrows, Beobachtungen über die Krankheiten des cerebralen Blutkreislaufes u. des Zusammenhanges zwischen Hirn- u. Herzleiden, deutsch von Posner, Lpz. u. Wien 1847; Dietl, Anatomische Klinik der G.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 67.
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