Grégoire

[265] Grégoire (spr. -gŭár'), Henri, Graf, Bischof von Blois, geb. 4. Dez. 1750 in Vého bei Lunéville, gest. 28. Mai 1831, trat in den geistlichen Stand und machte sich durch seinen von der Akademie in Metz 1788 gekrönten »Essai sur la régénération des Juifs« (Metz 1789) bekannt. Als Pfarrer in Emberménil in Lothringen vertrat er 1789 die Geistlichkeit des Bezirks Nancy bei der Konstituierenden Versammlung, in der er, ein leidenschaftlicher Jansenist, sich bald als einen der eifrigsten Verteidiger der Volkssache zeigte. Er beantragte die Vereinigung der Geistlichkeit mit dem dritten Stande, die Abschaffung der Annaten und Vernichtung der Monopole und Privilegien des Adels und erkämpfte den Juden sowie den von freien Eltern gebornen Negern und Mulatten in den Kolonien das volle Bürgerrecht. Er war der erste konstitutionelle Bischof. Als Abgeordneter im Konvent bemühte er sich besonders, die freien Zustände zu befestigen; er stellte Anträge auf Anlegung von Volksbibliotheken, Musterwirtschaften und Einführung besserer Volkslehrbücher, veranlaßte die Errichtung des Längenbureaus und des Konservatoriums der Künste und Handwerke, erklärte sich gegen die Geistlichen, die im Konvent das Christentum abschworen, und berief sich auf die durch das Staatsgrundgesetz verbürgte Freiheit des Gottesdienstes. Nach Auflösung des Konvents wurde G. Mitglied des Rats der Fünfhundert und nach dem 18. Brumaire des Gesetzgebenden Körpers. Nach dem Konkordat mußte er sein bischöfliches Amt niederlegen. 1801 ward er Mitglied des Senats und erhielt 1808 den Grafentitel, obwohl er sich gegen Einführung der Kaiserwürde erklärt hatte; er stimmte 1814 der Absetzung des Kaisers zu. Nach der Restauration trat er mit der liberalen Schrift hervor: »De la constitution française de l'an 1814« (Par. 1814, 4. Aufl. 1819). Von der zweiten Restauration ward er verfolgt und aus dem Institut ausgestoßen. Namentlich die Geistlichkeit haßte ihn unversöhnlich. Er starb, ohne sich mit der Kirche ausgesöhnt zu haben. Wichtig sind seine »Mémoires«, die H. Carnot mit einer trefflichen biographischen Notiz (Par. 1831) herausgab. Von seinen zahlreichen Schriften nennen wir nur: »Histoire des sectes religieuses« (Par. 1814, 2 Bde.; 2. Aufl., das. 1828, 5 Bde.; Bd. 6, 1845); »Essai historique sur les libertés de l'Eglise gallicane« (das. 1818, 2. Aufl. 1826) und »Histoire des confessions des empereurs, des rois, etc.« (das. 1824). Vgl. Krüger, Heinrich G., Bischof von Blois (Leipz. 1838); Böhringer, G., ein Lebensbild aus der französischen Revolution (Basel 1878); Hipp. Carnot, Henri G., évêque républicain (Par. 1882); Maggiolo, La vie et les œuvres de l'abbé G. (Nancy 1885).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 265.
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