Hersfeld [1]

[236] Hersfeld (Herholfsfeld, Herocampia), ehemalige Benediktinerabtei und nachheriges Reichsfürstentum von 450 qkm (8 QM.), als Abtei 768 gegründet und von Karl d. Gr. reich dotiert, wurde schon unter dem ersten Abt Lullus (s. Lul) unmittelbar dem Papst unterstellt, erhielt freie Abtswahl und unter Abt Hagano (936–959) das Münzrecht. Unter Gozbert (970–985) wurde noch die ehemals sehr berühmte Bibliothek gegründet, dann aber geriet die Abtei in Verfall und gelangte erst unter den Hohenstaufen wieder zur Blüte. Sie erwarb ein bedeutendes Gebiet, dessen Vogtei teils den Landgrafen von Thüringen, teils den Herren von Münzenberg (im Oberrheingau) zustand; seit 1423 stand die Abtei unter dem Erbschutz der Landgrafen von Hessen. Eine vorübergehende Vereinigung (1513–15) mit der Abtei Fulda brachte dem Kloster den Verlust der wertvollsten Handschriften der Bibliothek, 1525 mußte es dem Landgrafen Philipp von Hessen huldigen und erhielt nach dem Tode des letzten Abtes, Joachim (1606), Glieder des hessischen Fürstenhauses zu Administratoren, bis es, im Westfälischen Frieden 1648 förmlich säkularisiert, als weltliches Fürstentum definitiv an Hessen-Kassel kam. 1807–14 bildete H. einen Distrikt[236] des westfälischen Depart. Werra, und nachdem 1815 das Amt Frauensee davon an Weimar abgetreten worden war, wurde es eine hessische Provinz, später ein Teil der Provinz Fulda und kam 1866 mit Kurhessen an Preußen. Vgl. Hafner, Die Reichsabtei H. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts (Hersf. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 236-237.
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