Hersfeld [2]

[237] Hersfeld, ehemals Hauptort des Fürstentums H., jetzt Kreisstadt im preuß. Regbez. Kassel, am Einfluß der Geis und Haun in die Fulda, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Frankfurt a. M.-Bebra und H.-Treysa, 199 m ü. M., hat eine um 1320 erbaute schöne evangelische gotische Pfarrkirche mit Resten von Glasmalereien und hohem Turm, kath. Kirche, Synagoge, Ruine der 1761 von den Franzosen verwüsteten romanischen Stiftskirche, ein altertümliches Rathaus (vor demselben ein Standbild des Abtes Lullus), Denkmal des badischen Generalmajors Lingg v. Linggenfeld, Gymnasium mit Realprogymnasium, Kriegsschule, Amtsgericht, drei Oberförstereien, Spezialkommission, Reichsbanknebenstelle, Fabrikation von Tuch, Leder, Seilerwaren, Maschinen, Dachpappe, Zementwaren und Baumwollenzeug und (1900) 7908 Einw., davon 373 Katholiken und 226 Juden. In der Nähe der Frauenberg mit den Ruinen einer Kapelle, der Johannesberg mit den Resten der ehemaligen Propstei und die Wippersheimer Höhe mit schöner Rundsicht. – Die Geschichte der Stadt H., die in der ersten Hälfte des 12. Jahrh. Stadtrecht erhielt, ist mit der des Stiftes aufs engste verbunden, obgleich die Bürger sich bereits im 13. und 14. Jahrh. von der Herrschaft der Äbte fast befreit hatten und um 1370 in den Schutz der hessischen Landgrafen getreten waren. Im Bauernkrieg 1525 von den Bauern genommen, ward H. vom Landgrafen wieder befreit.

Wappen von Hersfeld.
Wappen von Hersfeld.

Nachdem die Reformation hier Eingang gefunden, nahm 1628 der Abt von Fulda die Stadt, die jedoch von den Schweden bald wieder erobert ward und dann nebst der Abtei an Hessen kam. Am 20. Febr. 1807 entging H., das wegen der Tötung eines französischen Soldaten und Verwundung dreißig andrer auf Napoleons Befehl niedergebrannt werden sollte, nur durch die Milde des Kasseler Gouverneurs Lagrange und des badischen Oberstleutnants Lingg v. Linggenfeld der Verwüstung. Zum Andenken an den Gründer des Stiftes H. wird alljährlich am 16. Okt. ein Volksfest, der Lullusmarkt, gefeiert. Vgl. Vigelius, Denkwürdigkeiten von H. (Hersf. 1888); Demme, Nachrichten und Urkunden zur Chronik von H. (das. 1891–1901, 3 Bde.); »Das Lingg-Denkmal zu H.« (das. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 237.
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