Indigblau

[794] Indigblau (Indigotin) C16H10N2O2 oder Bild im Fließtext, Hauptbestandteil des Indigos, findet sich bisweilen krankhaft im Harn, Schweiß, Eiter und in der Kuhmilch und wird rein erhalten, indem man dem Indigo mit verschiedenen Lösungsmitteln nacheinander alle andern Bestandteile entzieht, so daß I. zurückbleibt, oder indem man Indigo erhitzt und die Dämpfe von I. als Sublimat auffängt, oder durch Reduktion von Indigo mit Traubenzucker in alkalischer Losung zu Indigweiß und Oxydation der klaren farblosen Flüssigkeit an der Luft, wobei sich I. abscheidet. I. entsteht auch durch Reduktion von Isatinchlorid, durch Oxydation von Indoxyl etc. Wird Zimtsäure C9H8O2 oder C6H5.CH.CH.COOH nach Baeyer mit rauchender Salpetersäure[794] behandelt, die entstandene Orthonitrozimtsäure bromiert und die Orthonitrodibromzimtsäure C6H4 (NO2). (CHBr)2. COOH mit alkoholischem Kali gekocht, so entsteht Orthonitrophenylpropiolsäure C6H4 (N O2). C = C.COOH. Bei Behandlung einer alkalischen Lösung dieser Säure mit Reduktionsmitteln vereinigen sich 2 Moleküle der Säure unter Abspaltung von Kohlensäure und Wasser zu I. Baeyer kondensiert auch Orthonitrobenzaldehyd mit Aceton zu Orthonitrophenylmilchsäuremethylketon, das mit Alkalien I. liefert (vgl. Indigosalz). Heuman bereitet I., indem er (aus Anilin und Monochloressigsäure dargestelltes) Phenylglycin C6H5NH.CH2.COOH mit Ätzkali erhitzt, die Schmelze in Wasser löst und das entstandene Indoxyl an der Luft oxydiert. Man oxydiert jetzt Naphthalin mit Quecksilber und Schwefelsäure zu Phthalsäureanhydrid, verwandelt dies mit Ammoniak in Phthalimid und letzteres mit unterchlorigsaurem Alkali in Anthranilsäure (Orthoamidobenzoesäure). Diese gibt dann mit Monochloressigsäure Phenylglykokollorthokarbonsäure, aus der beim Schmelzen mit Kali Indoxylsäure entsteht. Aus letzterer erhält man leicht Indoxyl und aus diesem durch alkalische Oxydation I. Das I. kristallisiert aus Anilin in tiefblauen Kristallen mit kupferrotem Metallglanz; amorphes I. ist ein blaues Pulver, wird beim Reiben kupferrot metallisch glänzend und sublimiert in kupferroten Blättchen. I. ist geruch- und geschmacklos, reagiert nicht auf Lackmus, ist unlöslich in den gewöhnlichen Lösungsmitteln, löst sich aber in heißem Anilin und Terpentinöl, in siedendem Paraffin, in Chloroform, Nitrobenzol und Phenol. Die gelbgrüne Lösung in konzentrierter Schwefelsäure wird bald unter Bildung von Sulfosäuren blau. Mit Oxydationsmitteln gibt I. Isatin C8H5NO2, beim Erhitzen mit Kali auf 300° Salizylsäure, beim Destillieren mit Kalilauge Anilin, bei Reduktion entsteht Indigweiß. 1870 bewirkten Engler und Emmerling die erste Indigosynthese aus Orthonitroacetophenon mit Zinkstaub und Kalk, und 1874 erhielt Nencki I. aus Indol durch Oxydation mit Ozon. Baeyer, der sich seit 1866 mit der Indigogruppe beschäftigt hatte, gelang es 1880, I. auf verschiedenen Wegen aus Zimtsäure darzustellen, und 1890 gab Heumann sein Verfahren an, das in zehnjähriger Arbeit von der Badischen Anilin- und Sodafabrik zu praktischer Brauchbarkeit ausgebildet wurde. Die Verhältnisse liegen beim Indigo ungünstiger als beim Krapp, dennoch ist es nur eine Frage der Zeit, daß das künstliche I. den Indigo verdrängen wird, wie das Alizarin den Krapp verdrängt hat. Deutschland führte an Indigo (natürlichem und künstlichem) aus:

Tabelle

Die Ausfuhr des letzten Jahres hatte einen Wert von 20,690,000 Mk. Literatur s. bei Indigo.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 794-795.
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