Alizarīn

[332] Alizarīn (von Alizari, einer Sorte Krapp, Krapprot) C14H8O4 oder C6H4.CO.CO.C6H2(OH)2, Farbstoff, findet sich im Krapp als Zersetzungsprodukt der in der frischen Wurzel enthaltenen Ruberythrinsäure, die durch Fermente in A. und Zucker gespalten wird. A. wurde 1826 von Robiquet und Colin entdeckt, und 1868 erkannten Gräbe und Liebermann das A. als ein Dioxyanthrachinon und gründeten darauf die künstliche Darstellung aus Anthrazen C14H10. Diese erste Synthese eines Pflanzenfarbstoffes ist für die Industrie und für die Landwirtschaft mancher Länder sehr bedeutungsvoll geworden. 1869 brachte Perkin das erste künstliche A. (1 Tonne) in den Handel, und 1898 führte Deutschland 9320 Ton. A. im Wert von 16,874,000 Mk. aus. Zur Darstellung von A. oxydiert man Anthrazen mit chromsaurem Kali und verdünnter Schwefelsäure zu Anthrachinon C14H8O2. behandelt dies mit rauchender Schwefelsäure und fällt aus dem erhaltenen Gemisch von Sulfosäuren mit Ätznatron zuerst anthrachinonmonosulfosaures, dann bei vollständiger Neutralisation anthrachinondisulfosaures Natron. Ersteres wird auf A. verarbeitet, während letzteres bei gleicher Behandlung Flavopurpurin und Isopurpurin liefert. Das anthrachinonmonosulfosaure Natron liefert beim Erhitzen mit Ätznatron und etwas chlorsaurem Kali unter hohem Druck auf 180° Alizarinnatrium C14H7O2.ONa+NaOH = C14H6O2(ONa)2+2H. Aus der Losung der Schmelze wird das A. durch Säure gefallt. Es wird mit Wasser gewaschen und als 10–20proz. Pasta in den Handel gebracht. A. bildet rötlichgelbe Prismen, schmilzt bei 290°, sublimiert in orangeroten Nadeln, löst sich leicht in Alkohol und Äther, wenig in heißem Wasser, mit dunkelroter Farbe in konzentrierter Schwefelsäure, mit purpurroter in Alkalien. Die Lösungen werden durch Alaun und Zinnsalze rot, durch Eisenoxydsalze schwarzviolett, durch Chromsalze violettbraun gefällt, und auf dieser Eigenschaft, mit Metalloxyden gefärbte Verbindungen einzugehen, beruht seine Anwendung in der Färberei und Zeugdruckerei, wo es den Krapp mehr und mehr verdrängt hat. Eine Lösung von A. in Essigsäure gibt mit Salpetersäure kristallisierbares Nitroalizarin C14H7(NO2)O4, das als Alizarinorange zum Färben von Baumwolle und Wolle benutzt wird und beim Erhitzen mit Glyzerin und Schwefelsäure Alizarinblau (Dioxyanthrachinonchinolin) C17H19NO4 liefert. Dies bildet metallglänzende, blauviolette Nadeln, schmilzt bei 270°, sublimiert bei höherer Temperatur und löst sich in Alkohol und Benzol, kaum in Wasser. Da es durch Zinkstaub, Traubenzucker etc. entfärbt wird, an der Luft aber sich regeneriert, so eignet es sich zur Küpenfärberei. Es dient besonders zum Kattundruck. Alizarinpulver (Alizarinkarmin) ist alizarinmonosulfosaures Natron, es gibt auf Wolle mannigfache Nuancen, von denen die scharlachroten gegen Licht und Luft absolut beständig sind. Salpetersäure bildet mit A. Phthalsäure, beim Glühen mit Zinkstaub entsteht Anthrazen. Unter dem Namen Alizarinfarbstoffe sind viele Farbstoffe im Handel, die sich nicht von Anthrazen ableiten, wohl aber in der Konstitution dem A. ähnlich sind und sich wie dieses in der Färberei verwenden lassen.[332]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 332-333.
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