Kleber

[103] Kleber (Gluten), die eiweißartigen Bestandteile der Getreidesamen, speziell des Weizens. Knetet man einen steifen Teig aus Weizenmehl unter Wasser, so werden lösliche Stoffe (auch Eiweiß) und Stärkemehl ausgewaschen, und es bleibt eine gelblichgraue, zähe, klebrige, fadenziehende, geruchlose Masse (12–20 Proz.) zurück, die schwach, teigartig schmeckt, in schwachem [103] Alkohol nur zum Teil, leichter in Alkalien, größtenteils auch in Essigsäure löslich ist. Als Bestandteile des Klebers sind angegeben worden Gliadin (Pflanzenleim), Glutenfibrin (Pflanzenfibrin, vegetabilisches Fibrin), Mucedin und Glutenkasein. Seine Eigenschaften ändern sich mit dem quantitativen Verhältnis der Bestandteile, und wenn das Gliadin sehr zurücktritt, so wird die Abscheidung des Klebers schwierig oder unmöglich. Daher gelingt auch aus andern Getreidearten die Abscheidung eines Klebers nicht in dem Maß wie beim Weizen, denn diese enthalten nur einige oder nur einen der Kleberstoffe. Frischer feuchter K. geht leicht in Fäulnis über, beim Trocknen aber wird er hornartig. Der K. oder vielmehr die Gesamtheit der den Verdauungssäften zugänglichen eiweißartigen Bestandteile bedingt vorzüglich den Nahrungswert des Getreides; er spielt in der Bierbrauerei eine große Rolle, indem einerseits in das Bier übergegangene eiweißartige Stoffe dessen Nahrungswert erhöhen, anderseits die Haltbarkeit des Bieres bedeutend beeinträchtigen können. Bei der Gewinnung der Weizenstärke gab man früher den K. ganz allgemein verloren, indem man ihn durch Fäulnis sich zersetzen ließ, um ihn dann durch einen Waschprozeß zu entfernen. Jetzt wird der K. als Nebenprodukt gewonnen und auf verschiedene Weise verwertet. Bei Verarbeitung von gequetschtem Weizen mischen sich dem K. Hülsen bei, und man kann ihn nur nach der Auflockerung durch Kochen mit Wasser als Viehfutter benutzen. Der bei der Verarbeitung von Weizenmehl erhaltene K. wird frisch unter Teig zu Backwerk und Nudeln gemischt, zur Hefenbereitung benutzt, mit Mehl gemischt, gekörnt und getrocknet und auf Graupen, Grieß etc. verarbeitet. Derartige durch ihren Nahrungswert ausgezeichnete Präparate sind: Aleuronat, Klebergrieß, Protein, Kleberbrot, Kraftsuppenstoff, Glutenzwiebackmehl etc. Durch Behandeln mit Natronlauge, Ammoniak, Kalk, Zuckerkalk, kohlensaurem Natron, Essigsäure, durch beginnende Fäulnis etc. wird der K. in einen löslichen Zustand übergeführt (Kleberleim, Luzin) und in der Zeugdruckerei zum Fixieren der Farben benutzt. Löslich gewordener K. wird auch als Kleb- und Klärmittel (Eiweißleim, Wiener Leim, Kleber-, Schusterpappe) benutzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 103-104.
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