Kleber [2]

[558] Kleber (Glutēn), die Proteinsubstanz der Getreidesamen wird durch Kneten von Weizenmehl unter Wasser gewonnen, bis dieses nicht mehr von abgeschiedener Stärke trübe wird; es bleibt dann als zähe, klebrige, zusammenhängende Masse zurück, welche in Wasser wenig löslich ist; von Salzsäure u. Alkalien wird sie gelöst, von Essigsäure u. kochenden: Alkohol nur theilweis. Der K. wurde zuerst von Beccaria dargestellt, von Fourcroy u. Vauquelin, Proust, Cadet u.a. näher untersucht. Berzelius nannte den in Alkohol löslichen Bestandtheil des K-s Pflanzenleim; Saussure fand, daß durch Alkohol noch eine andere Substanz ausgezogen wird, welche er Mucin nannte; Thaddei unterschied einen in Alkohol löslichen Bestandtheil, Gliadin, u. einen unlöslichen, Zymom, welchen letzteren Liebig als Pflanzenfibrin bezeichnete. Der K. ist für die Brodbereitung wichtig, indem er nicht nur in Folge seiner Elasticität das Poröswerden des Teiges vermittelt, sondern auch den eigentlichen plastischen Nahrungsstoff des Brodes darstellt. In den Kleien ist der K. in verhältnißmäßig größerer Menge enthalten, als im Mehl; man hat mit Rücksicht hierauf versucht, den Nahrungswerth des Brodes zu erhöhen; dies erfolgt so, daß man die Kleien mit Salzsäure auszieht u. diese Lösung von K. dem Brodteig beimischt; die Säure wird dann mit kohlensaurem Natron neutralisirt, wodurch Chlornatrium (Kochsalz) gebildet wird, so daß das Brod zugleich gesalzt wird, wie denn ohnedies an vielen Orten dem Brodteig Salz zugesetzt wird. Bis in die neueste Zeit wurde der K. bei der Stärkefabrikation als nutzloses Nebenproduct weggeworfen. Martin hat ein Verfahren angegeben, nach welchem man die Stärke gewinnt, ohne den K. zu verändern; man macht zu diesem Zwecke einen Brei aus Mehl u. Wasser, bringt dann den Brei auf ein Drahtsieb, welches auf einem Bottich steht, u. läßt Wasser darüber strömen, bis das ablaufende Wasser nicht mehr milchig aussieht. Auf dem Siebe bleibt der K. zurück. Man gewinnt aus 100 Theilen Weizenmehl 25 Procent K. mit 38 Procent Wasser. Man benutzt den K. zur Fabrikation von Maccaroni, Nudeln, od. man granulirt ihn, indem man den K. mit der doppelten Menge Mehl zusammenknetet, den Teig in Streifen ausrollt u. diesen in Form von Körnern bringt, welche getrocknet werden. Der gekörnte K. ist ein Nahrungsmittel, welches mehr nährende Substanzen enthält, als eine gleiche Menge Mehl od. Schiffszwieback.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 558.
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