Hülsen

[624] Hülsen, 1) Botho von, Theaterintendant, geb. 10. Dez. 1815 in Berlin, gest. daselbst 30. Sept. 1886, trat 1825 ins Kadettenhaus, wurde 1833 Fähnrich, machte als Regimentsadjutant 1848 den Feldzug in Schleswig mit und kämpfte 1849 in Dresden gegen die Aufständischen. Frühzeitig hatte er eine gewisse Theaterliebhaberei bekundet und wurde infolgedessen 1851 zum Generalintendanten der königlich preußischen Schauspiele und zugleich zum Kammerherrn ernannt. H., der für die Erfordernisse der Kunst wenig Verständnis bewies, erwarb nach dieser Richtung dem Hoftheater, namentlich dem Schauspiel, keineswegs die ihm gebührende Stellung, zeigte sich dagegen als guter Verwaltungsbeamter. Förderlich erwies er sich bei der Begründung mehrerer Genossenschaften von Bühnenangehörigen und als Präsident des Deutschen Bühnen vereins. 1863 wurde H. zum Präsidenten des König Wilhelms-Vereins ernannt, und bald darauf noch mit der Oberaufsicht über die königlichen Bühnen in Hannover, Kassel und Wiesbaden betraut. In seiner Tätigkeit als Intendant war sein leitendes Prinzip die dankenswerte Pflege der deutschen Wort- und Tondichter in erster Reihe, meist mit Ausschluß alles Frivolen und Tendenziösen, freilich auch des genial Außergewöhnlichen, wie Wagners Nibelungentrilogie. Vgl. die von seiner Gattin veröffentlichten Erinnerungen: »Unter zwei Königen« (s. unten). – Sein Sohn, Georg v. H., geb. 15. Juli 1858 in Berlin, wurde 1894 Intendant des Hoftheaters in Wiesbaden und Anfang 1903 Generalintendant der königlichen Schauspiele in Berlin und aller übrigen königlichen Theater.

2) Helene von, Schriftstellerin, Gattin des vorigen, geb. 16. Febr. 1829 in Blankenfelde bei Teltow als die Tochter des Grafen von Häseler, gest. 8. Mai 1892 in Berlin, verheiratete sich 1849 mit Botho von H. (s. oben) und trat unter dem Namen Helene als Schriftstellerin auf. Von ihr erschienen: »Aus Herz und Leben«, Gedichte (Berl. 1867); »Novellen und Skizzen« (1869); »Ungesucht – gefunden«, Novellen (1872); »Aus alter und neuer Zeit«, Novellen (1874), und unter ihrem wahren Namen: »Traum und Wahrheit«, Roman (1874); »Ohne Flitter«, Novellen (1877); »In Licht und Schatten«, Novellen (1878); die Romane: »Elimar« (1879, 2. Aufl. 1880) und »Nemesis« (1883); »Bilder aus der modernen Welt« (1882); »Einst und jetzt«, Erzählungen (1885); »Drei Lebensepisoden« (1892), sämtlich in Berlin erschienen. Ferner gab sie heraus: »Unter zwei Königen«, Erinnerungen an ihren Gatten Botho v. H. (Berl. 1888) und »Unter Friedrich dem Großen. Aus den Memoiren des Ältervaters 1752–1773« (das. 1890).

3) Christian, Philolog, geb. 29. Nov. 1858 in Charlottenburg, studierte in Berlin, lebte 1882–85 in Italien, wurde 1885 Gymnasiallehrer in Berlin, dann in Großlichterfelde und 1887 zweiter Sekretär des Archäologischen Instituts in Rom. Er gab mit Henzen und de Rossi die lateinischen Inschriften der Stadt Rom heraus (»Corpus inscriptionum Latinarum VI«, Teil 2–5, Berl. 1882–85). Sonst nennen wir: »Varronianae doctrinae quaenam in Ovidii fastis vestigia extent« (Berl. 1880); »Das Septizonium des Septimius Severus« (das. 1886); »Die Alliaschlacht«, eine topographische Studie (mit P. Lindner, Rom 1890); »Das Forum Romanum« (das. 1893); »Formae urbis Romae antiquae« (mit H. Kiepert, Berl. 1896); »Wandplan von Rom« (das. 1901); »Die Ausgrabungen auf dem Forum Romanum 1898–1902« (Rom 1903); »Das Forum Romanum, seine Geschichte und seine Denkmäler« (das. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 624.
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