Kowno [1]

[549] Kowno (lit. Kauna), Gouvernement in Rußland (s. die Karte bei Art. »Polen«), grenzt im N. an das Gouv. Kurland, im O. und S. an Wilna und Suwalki, im W. an Preußen und umfaßt ein Areal von 40,641 qkm (738 QM.). Das Land bildet eine weite Fläche mit einer Menge kleiner Seen (über 400 mit einem Areal von etwa 450 qkm) und wird bewässert von den Flüssen Niemen, Wilija und Swenta, Newjasha, Dubissa, Windau u. a.; die vier erstgenannten sind schiffbar. Von den Seen sind die bedeutendern der Dusjaty und der Drisvjaty. Das Klima ist relativ mild, die mittlere Jahrestemperatur für die Stadt K. ist +6,28°. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf (1897) 1,549,444 (38 auf 1 qkm), wovon 76,6 Proz. Römisch-Katholische, 13,7 Proz. Juden, 5,1 Proz. Griechisch-Orthodoxe und Altgläubige, 4,5 Proz. Protestanten. Nach der Nationalität kommen auf die Litauer 74 Proz. (45 Proz. eigentliche Litauer, 54 Proz. Shmuden und 1 Proz. Letten), auf Juden 14 Proz., Slawen 91/2 Proz. und Deutsche 21/2 Proz. Die Landwirtschaft ist der Haupterwerbszweig der Bevölkerung und steht dank dem Beispiel und dem Einfluß der benachbarten deutschen und baltischen Gebiete auf relativ hoher Stufe. Neuerdings sind größere Meliorationsarbeiten vorgenommen worden, namentlich zur Entwässerung der Sümpfe und zur Verbesserung des Viehstandes. Vom Areal sind 38,6 Proz. Ackerland, 24,2 Proz. Wiesen, 25,4 Proz. Wald und 11,8 Proz. Unland. Die Ernte war 1902: 63,0282 Ton. Weizen, 438,300 T. Roggen, 183,134 T. Hafer, 109,995 T. Gerste, 328,730 T. Kartoffeln. Daneben ist der Flachsbau von größerer Bedeutung, der durch das milde, feuchte Klima begünstigt wird. Der Viehbestand beläuft sich auf 500,000 Stück Rindvieh, 330,000 Pferde, 310,000 (grobwollige) Schafe, 260,000 Schweine und 100,000 Ziegen. Auch werden viele Gänse gezogen. Der Bergbau ist ganz bedeutungslos, die Industrie noch wenig entwickelt und mit Ausnahme von K. und Schawli auf die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte beschränkt. Man zählte 1893: 138 Fabriken mit 1500 Arbeitern und 8 Mill. Rubel Produktionswert. Der Handel erstreckt sich auf Getreide, Flachs und Holz. K. wird in sieben Kreise geteilt: K., Nowoalexandrowsk, Ponewjesh, Rossieny, Schawli (Schaulen), Telschi und Wilkomír. – K., das alte Samogitien, birgt mancherlei interessante Altertümer, wie Opferstätten, Begräbnisplätze u. dgl., aus heidnischer Zeit. Nachweislich seit dem 9. Jahrh. von Litauern bewohnt, geriet K. seit dem 11. Jahrh. im östlichen Teil unter russischen Einfluß. Den Küstenstrich (bei Polangen) besaß vorübergehend (1380–1401) der Deutsche Orden. Seit 1386 fielen viele Güter an die polnische Szlachta. Der Teil links vom Niemen ward 1795 preußisch und 1807 russisch.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 549.
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