L'Hŏpital

[499] L'Hŏpital, Michel de, franz. Staatsmann, geb. 1504 zu Aigueperse in der Auvergne, gest. 13. März 1573, ward Auditor der Rota in Rom und ließ sich 1534 als Advokat in Paris nieder. 1547 nahm er im Auftrag des Hofes am Konzil zu Trient teil und ward sodann Hauskanzler der Margarete von Valois,[499] der Schwester Heinrichs II., und durch den Einfluß des Herzogs Karl von Guise, Kardinals von Lothringen, 1554 Oberintendant der Finanzen. In dieser Stellung bewies er eine seltene Treue und Uneigennützigkeit und beseitigte eine Menge Mißbräuche. Katharina von Medici ernannte ihn 1561 zum Kanzler von Frankreich. Als ein Mann von universeller Bildung, von mildem Charakter und tiefer politischer Einsicht wollte er den gänzlich zerrütteten Staat ordnen und die religiösen Parteien versöhnen. Er milderte im Juli 1561 die Gesetze gegen die Ketzerei und unterwarf die letztere nur den weltlichen Gerichten. Um eine Aussöhnung zwischen den beiden streitenden Bekenntnissen herbeizuführen, eröffnete er das Religionsgespräch zu Poissy. Sein Werk war das der religiösen Duldung so günstige Edikt vom Januar 1562. Er wurde deshalb von der eifrig katholischen Partei um so erfolgreicher angefeindet, als allmählich auch die Regentin zu dieser überging. Im Sommer 1568 mußte er sein Kanzleramt niederlegen und zog sich auf sein Landgut Vignai bei Estampes zurück. Sein in der Kirche zu Vignai errichtetes Grabmal wurde 1836 durch eine Nationalsubskription erneuert. L. hinterließ schöne lateinische Poesien (zuerst hrsg. 1585; in franz. Übersetzung, Par. 1857), Memoiren, Reden und mehrere Manuskripte juristisch-publizistischen Inhalts, die u. d. T.: »Œuvres« (das. 1824–1825, 5 Bde.) von Dufey herausgegeben wurden. Vgl. Villemain, Vie de L. (Par. 1827, neue Ausg. 1874); Taillandier, Nouvelles recherches historiques sur la vie et les ouvrages du chevalier de L. (das. 1861); Dupré-Lasale, M. de L. avant son élévation au poste de chancelier de France (2 Tle., das. 1875 u. 1899); Scitte, Un apôtre de la tolérance an XVI. siècle: Michel de L. (Montauban 1891); Amphoux, M. de L. et la liberté de conscience au XVI. siècle (das. 1900); Atkinson, Michel de L. (Lond. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 499-500.
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