Lehrervereine

[343] Lehrervereine und Lehrerversammlungen entstanden in Deutschland zuerst gegen Ende des 18. Jahrh., teils aus innerm Drange des Lehrerstandes, teils durch Einfluß wohlwollender Schulregierungen. Regelmäßig wiederkehrende Versammlungen von Lehrern finden gegenwärtig fast in allen deutschen Ländern und Provinzen sowie fast für alle verschiedenen Zweige des Schulwesens (Gymnasien, Realschulen, Seminare, höhere Mädchenschulen, Volksschulen, Kindergärten etc.) statt. Diese Versammlungen haben, wenngleich sie hier und da der Herrschaft einseitiger Richtungen sich nicht völlig erwehren mochten, im ganzen wesentlich zur wissenschaftlichen und sozialen Hebung des Lehrerstandes und mittelbar zur Verbesserung des Schulwesens beigetragen. Von Lübeck aus wurde 1834 der Verein norddeutscher Schulmänner gegründet. Bedeutenden Ruf und Einfluß gewannen die Jahresversammlungen des 1837 bei dem Jubiläum der Universität Göttingen gegründeten Vereins deutscher Philologen, Schulmänner und Orientalisten (s. Philologenversammlungen; die 48. in Hamburg 1905). Daneben bestehen zahlreiche Vereine und Versammlungen für einzelne Zweige des höhern Schulwesens (Verein deutscher Realschulmänner, Deutscher Gymnasialverein etc.) oder für einzelne Länder und Provinzen. Im J. 1904 hielt der 1903 auf der Philologenversammlung in Halle gegründete Verein deutscher Oberlehrer seine erste Versammlung in Darmstadt ab. – Im Sommer 1848 erging von Dresden aus die Aufforderung an alle deutschen Lehrer und Jugenderzieher zur Bildung eines Allgemeinen deutschen Lehrervereins. Der Verein kam im Herbst 1848 in Eisenach zustande und gewann durch seine Verbreitung und seine feste Gliederung in Landes- und Bezirks vereine anfangs großen Einfluß, beschränkte sich aber von vornherein fast ausschließlich auf die Kreise der Volksschule und verfiel, je mehr mit dem Umsichgreifen der Reaktion ihm die Ungunst der Regierungen entgegentrat. Doch sind die Versammlungen des Vereins, deren Besuchsziffer einigemal bis gegen 5000 stieg, ziemlich regelmäßig abgehalten worden; seit 1876 abwechselnd mit einem Delegiertentag des Deutschen und des Preußischen Landeslehrervereins, bis 1893 die Verschmelzung dieser Vereine zustande kam. 1904 tagte die 40. Lehrerversammlung zu Königsberg i. Pr. Der einflußreiche Verein zählte in 45 Zweigvereinen und rund 3000 Einzelverbänden 1904 gegen 105,000 Mitglieder. Sein Organ ist die »Allgemeine deutsche Lehrerzeitung« (Leipzig). Daneben hat sich inzwischen eine Anzahl ähnlicher Vereine von besonderer Richtung aufgetan, wie z. B. der Verband deutscher evangelischer Schul- und Lehrervereine mit 20 Zweigvereinen, der katholische Lehrerverband des Deutschen Reiches (1889 gegründet, s. unten, Literatur) mit 13 Zweigvereinen und etwa 9600 Mitgliedern (daneben 4800 Ehrenmitgliedern) u.a. – Der Allgemeine deutsche Lehrerinnenverein (Hauptversammlung Bremen 1905) zählte 1904 in 74 in- und ausländischen Zweigvereinen etwa 18,000, der Verein katholischer deutscher Lehrerinnen (1885 gegründet, Sitz in Boppard; Organ die in Paderborn erscheinende »Monatsschrift für katholische Lehrerinnen«, hrsg. von Waldeck) über 8000 Mitglieder. Der Deutsche Verein für das höhere Mädchenschulwesen (begründet 1872) hält alle zwei Jahre Hauptversammlungen (1905 in Erfurt), indem er die zwischenliegenden Jahre den Provinzialvereinen frei läßt. Ebenso fand seit dem Jahre 1873 eine Reihe deutscher Seminarlehrertage statt, an deren Stelle jetzt ein desto regeres Vereinsleben der Seminarlehrer in den einzelnen Ländern und Provinzen getreten ist. Zu den Lehrerversammlungen darf nach der Mehrzahl seiner Besucher auch der Verbandstag der Hilfsschulen Deutschlands gerechnet werden, der zur fünften Tagung 1905 in Bremen zusammentrat. Wesentlich deutschen Charakter tragen auch die europäischen Blindenlehrerkongresse, deren elfter 1904 in Halle a. S. stattfand. Vgl. König, Lehrervereine und Lehrertage (Zabern 1895); Rißmann, Der Deutsche Lehrerverein in den ersten 25 Jahren seines Bestehens (Berl. 1896); »Handbuch des Verbandes deutscher evangelischer Schul- und Lehrervereine« (das. 1903); »Jahrbuch des katholischen Lehrerverbandes« (Paderb. u. Köln 1891 ff.). – In Österreich ist die Wiener pädagogische Gesellschaft zu nennen, die ein »Jahrbuch« herausgibt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 343.
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