Monismus

[73] Monismus (griech.), »All-Einheitslehre«, heißt jede Erklärungsweise eines einzelnen Gebietes der Wirklichkeit oder der Welt im ganzen, die nicht, wie der Dualismus (s. d.), von zwei oder, wie der Pluralismus, von mehreren letzten Prinzipien ausgeht, sondern die Mannigfaltigkeit des Gegebenen auf einen einzigen letzten Grund zurückzuführen sucht. Während also z. B. der Dualismus gewisse Gegensätze, wie Gott und Welt, Natur und Geist, Leib und Seele, Sinnlichkeit und Sittlichkeit, Erscheinung und Ding an sich etc., als in der Natur der Dinge begründete und deshalb unüberbrückbare ansieht, strebt der M. danach, sie aufzuheben, als bloße Modifikationen eines Grundprinzips aufzufassen. So identifiziert der Pantheismus Gott und die Welt, der Materialismus betrachtet die tote, der Hylozoismus die beseelte Materie, der Spiritualismus geistige Wesen, die Identitätsphilosophie ein die Erscheinungen des Materiellen und Geistigen gleichzeitig bedingendes indifferentes Urwesen als die alleinige Grundlage der Wirklichkeit. Auf die höchste Stufe des metaphysischen M. erheben sich aber die Denker, die, wie Spinoza, Schelling, Hegel, Schopenhauer, v. Hartmann u.a., nicht nur die qualitative Verschiedenartigkeit, sondern auch die numerische Vielheit des wahrhaft Seienden leugnen und die vielen Einzeldinge als den Meereswellen vergleichbare Gestaltungen des einen Urwesens ansehen. – In der Gegenwart wird oft vorzugsweise die in der naturwissenschaftlichen Entwickelungslehre wurzelnde (besonders durch Spencer und Haeckel vertretene) Weltanschauung M. genannt, welche, jedes jenseit der physischen Welt liegende (transzendente) Sein leugnend, die letztere als ein in allen Teilen einheitlich zusammenhängendes, nach ihm innewohnenden allbeherrschenden Gesetzen sich veränderndes Ganze betrachtet und besondern Nachdruck darauf legt, daß auch der Mensch keine Ausnahmestellung in der Welt einnimmt, sondern als Glied des Naturganzen den Gesetzen desselben unterworfen ist. Am 11. Jan. 1906 wurde in Jena ein Deutscher Monistenbund unter dem Ehrenvorsitz Ernst Haeckels gegründet. Vgl. Ratzenhofer, Der positive M. (Leipz. 1899); Sack, Monistische Gottes- und Weltanschauung (das. 1899); Haeckel, Der M. als Band zwischen Religion und Wissenschaft (12. Aufl., Bonn 1905).

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 73.
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