Notabeln

[811] Notabeln (franz. Notables), die durch Bildung, Rang und Vermögen hervorragenden Männer; eine zuerst in Frankreich aufgekommene Bezeichnung. Als dort die Reichsstände (Etats-Généraux) den absolutistischen Bestrebungen der französischen Könige hinderlich zu werden anfingen, suchte man durch Berufung von Notabelnversammlungen (assemblées des notables) jene in den Hintergrund zu drängen. Die erste Notabelnversammlung wurde 1369 von Karl V. berufen. Da die Notabelnversammlungen hinsichtlich ihrer Berufung, Zusammensetzung und Tätigkeit ganz von der Willkür des Hofes abhingen, so waren sie die bereitwilligen Werkzeuge des Despotismus. Im Laufe der Zeit gewann jedoch auch das Institut der N. eine den Reichsständen ähnliche Gestalt. So erschienen auf einer Notabelnversammlung im Januar 1558 neben den Abgeordneten der drei bevorrechteten Stände auch solche der Obergerichtshöfe, und eine ähnlich zusammengesetzte Versammlung berief Heinrich IV. 1596 nach Rouen. Infolge der Fortschritte der absoluten Macht der Könige ging aber das Institut der N. wieder ein; nach einer Versammlung von 35 N., die Richelieu 1626 in Paris veranstaltete, geriet auch dieser letzte Rest der ständischen Mitwirkung in Vergessenheit. Erst als die Zerrüttung der Finanzen unheilbar zu werden drohte, nahm unter Ludwig XVI. der Minister Calonne 22. Febr. 1787 zur Berufung der N. seine Zuflucht. Diese tagten bis 25. Mai und genehmigten auch die Steuerprojekte der Regierung. Da diese jedoch von dem Pariser Parlament nicht registriert und dadurch die Berufung der Reichsstände (Etats-Généraux) selbst notwendig wurde, versammelte Ludwig XVI. die N. zum zweitenmal 6. Nov. 1788, um über die Zusammensetzung und Geschäftsordnung der Reichsstände zu beraten; die N. tagten bis 12. Dez. 1788 und sprachen sich namentlich gegen die Verdoppelung der Abgeordnetenzahl des dritten Standes aus, wodurch sie große Erbitterung erzeugten und die Revolution beschleunigten. – In Hamburg versteht man unter N. eine be vorrechtete Gruppe von 40 Mitgliedern der »Bürgerschaft« (s. Hamburg, S. 678). Vgl. Chérest, La chute de l'ancien régime (Par. 1884–86, 3 Bde.); Wahl, Die Notabelnversammlung von 1787 (Freiburg 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 811.
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