Pellĭco

[550] Pellĭco, Silvio, ital. Dichter, geb. 25. Juni 1789 in Saluzzo, gest. 1. Febr. 1854 in Turin, verriet schon früh Neigung für die dramatische Dichtkunst. In seinem 16. Jahr nahm ihn ein Verwandter nach Lyon, wo er sich eifrig mit französischer Literatur beschäftigte. 1810 kehrte er zu seiner Familie nach Mailand zurück. Er wurde Lehrer des Französischen an der Militärwaisenschule und befreundete sich mit Monti und Foscolo. Hier schrieb er seine ersten Tragödien: »Laodicea« und »Francesca da Rimini« (deutsch von Max Waldau, Hamb. 1850; von Seubert, Leipz. 1872). Erstere zog er selbst als mißlungen zurück; letztere errang großen Beifall. Nach dem Sturz des Napoleonischen Regiments wurde P. Erzieher. Im Hause des Grafen Porro Lambertenghi lernte er Frau v. Staël, Schlegel, Byron, Brougham und andre berühmte Ausländer kennen. Um diese Zeit entwarf er mit mehreren ausgezeichneten Patrioten den Plan zu einer Zeitschrift, welche die Wiedergeburt Italiens vorbereiten sollte. So entstand 1818 der »Conciliatore«, den die Österreicher aber schon 1820 unterdrückten. Auch Pellicos dritte Tragödie: »Eufemio di Messina« (1820), durfte nur unter der Bedingung gedruckt werden, daß sie nie ausgeführt würde. In demselben Jahre wurde P., der in den Bund der Carbonari getreten war, verhaftet. Im Februar 1821 wurde er nach Venedig abgeführt. Während seiner Gefangenschaft schrieb er die Tragödien: »Iginia d'Asti« und »Ester d'Engaddi«. Zum Tode verurteilt, aber zu 15jähriger harter Kerkerhaft begnadigt, kam er 1822 auf den Spielberg. Die oft grausame Behandlung hier hat er in »Le mie prigioni« ergreifend geschildert. Hier verfaßte er die Tragödie »Leoniero da Dertona«, die er im Gedächtnis aufbewahren mußte. 1830 erfolgte seine Begnadigung und Freilassung. Mit gebrochener Gesundheit und vom Mystizismus angekränkelt, kehrte er in sein Vaterland zurück und fand in Turin im Hause der Marquise Barolo als Sekretär und Bibliothekar Zuflucht. Sein Werk »Le mie prigioni« (Turin 1832 und in zahllosen neuen Drucken, sehr gut von Ravello, das. 1905) ist in fast alle gebildeten Sprachen übersetzt (deutsch, Leipz. 1833, 1872, 1893) und hat das österreichische Regiment in Italien vor ganz Europa gebrandmarkt. In seinen Tragödien, zu denen »Gismonda da Mendrisio«, »Erodiade« und »Tommaso Moro« gehören, hatte P. sich Alfieri zum Muster genommen, ohne ihn jedoch nur entfernt zu erreichen. Weichheit und Empfindsamkeit sind die hervorstechenden Züge seiner Stücke. Dasselbe Gepräge tragen seine poetischen Erzählungen aus dem Mittelalter »Cantiche« und seine lyrischen Gedichte »Poesie inedite« (Turin 1837), und auch der »Discorso dei doveri degli uomini« (1834; deutsch, Halle 1862) ermüdet trotz seiner unverwerflichen Moral durch denselben Fehler. Seine Werke sind oft herausgegeben: in 1 Bd. Mailand 1886; »Poesie e lettere inedite« Rom 1898; der »Epistolario« Florenz 1856; Briefe an Briano u.a., das. 1861; an den Bruder Luigi und Ferandi, Turin 1877–78, 2 Bde.; »Lettere alla donna gentile« Rom 1901. Übersetzungen der poetischen Werke gaben Kannegießer und Müller (2. Ausg., Stuttg. 1850) und Duttenhofer (das. 1835–37) heraus. Vgl. Giuria, Silvio P. eil suo tempo (Voghera 1854); Coppino, Commemorazione pel centenario della nascita di S. P. (Saluzzo 1889); Rinieri, Della vita e delle opere di Silvio P. (Turin 1898–1901, 3 Bde.); Pedraglio, Silvio P. (Como 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 550.
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