Foscŏlo

[799] Foscŏlo, Ugo (ursprünglich Niccolo), berühmter ital. Dichter und Patriot, geb. 6. Febr. 1778 auf Zante, gest. 14. Sept. 1827 in Turnham Green bei London, zu Spalato und Venedig erzogen, widmete sich in Padua klassischen Studien. Sein Trauerspiel »Tieste« wurde 1797 in Venedig mit Beifall aufgenommen. F. erwartete von der französischen Revolution eine Wiedergeburt Italiens und feierte Bonaparte als dessen Befreier. Nach Mailand übergesiedelt, trat er in freundschaftliche Beziehungen zu Parini und Monti, machte dann in der zisalpinischen Legion verschiedene Treffen mit, war mit Masséna in Genua und kehrte nach der Schlacht von Marengo nach Mailand zurück. Hier gab er seinem zuerst 1798 ohne Druckort als »Ultime lettere di Jacopo Ortis«, dann zu Bologna 1799 als »Vera storia di due amanti infelici, ossia Ultime lettere di Jacopo Ortis« erschienenen Roman die endgültige Gestalt (VenedigItalien«] und Mailand 1802, beste kritische Ausg. von Martinetti und Antona-Traversi, Saluzzo 1887; deutsch z. B. von Seubert, Leipz. 1870). In der ersten Bearbeitung eine Goethes »Werther« nachgebildete Liebesgeschichte, ist er in der zweiten ein politischer Roman. Seine patriotischen Gefühle legte F. in der freimütigen »Orazione a Buonaparte« nieder, die er als Mitglied der nach Lyon berufenen Versammlung zisalpinischer Deputierten schrieb (erst nach Napoleons Sturz gedruckt). Dann übersetzte er des Kallimachos »Haar der Berenike«, ging aber 1804 wieder als Kapitän im französischen Heer nach Boulogne. Nach Mailand zurückgekehrt, schrieb er (1807) sein schönstes Gedicht: »I Sepolcri« (beste Ausg. von Palisi, Rom 1892; Trevisan, 3. Aufl., Verona 1889; Antona-Traversi und Martinetti, Turin 1884; Canello, Padua 1883; vorzügliche deutsche Übersetzung von Hey se in den »Italienischen Dichtern«, Bd. 1, Berl. 1889), und besorgte eine Ausgabe von Montecuccolis Werten. 1809 erhielt er den schon nach wenigen Monaten aufgehobenen Lehrstuhl der Eloquenz an der Universität Pavia. Hierauf brachte er in Mailand seinen »Ajace« auf die Bühne, der ihm wegen der politischen Anspielungen die Verweisung aus der Lombardei zuzog. In Florenz verfaßte er die »Ricciarda« und kehrte erst 1813 nach Mailand zurück. Nach dem Einzug der Österreicher wandte er sich nach der Schweiz, wo er die äußerst bittere Satire gegen seine Feinde »Didymi Clerici prophetae minimi hypercalypseos liber singularis« schrieb, und 1816 nach London, glänzend aufgenommen. Hier schrieb er seine »Saggi sul Petrarca« (Lond. 1824), einen »Discorso sul teste di Dante« (das. 1826), arbeitete für verschiedene englische Zeitschriften und lieferte eine geschätzte Ausgabe der »Divina Commedia« (das. 1824, 4 Bde.), hielt auch seit 1823 Vorlesungen über italienische Sprach.' und Literatur. Aber seine Neigung zur Verschwendung brachte ihn in drückende Verhältnisse, und er starb arm und verlassen. 1871 wurden seine Gebeine nach Florenz gebracht. Von Werken Foscolos sind noch zu erwähnen der »Discorso dell' origine e dell' ufficio della letteratura«, die treffliche Übersetzung von Sternes »Sentimental journey« und der »Discorso storico sul testo del Decamerone«. Die Übersetzung der »Ilias« in reimlosen Versen blieb unvollendet; ebenso das Gedicht »Le Grazie«. Die »Discorsi storici e letterarii« (Mail. 1843) enthalten Beiträge für englische Journale. Die »Poesie« sind öfters gedruckt (z. B. von Mestica, Flor. 1889). Der Entwurf einer Tragödie »Edipo« wurde von Antona-Traversi veröffentlicht (Citta di Castello 1889). Eine Ausgabe sämtlicher Werke: »Opere edite e postume di Ugo F.«, nebst »Epistolario« erschien Florenz 1850–59, 11 Bde., eine Ergänzung dazu gab Chiarini (das. 1890). Eine kritische Ausgabe einiger Gedichte und Fragmente (16) besorgte Antona-TraversiPoesi di U. F.«, Rom 1889). Sein Leben schrieben Pecchio (Lugano 1830), Carrer (Venedig 1842), Artusi (Flor. 1878), MartinettiLa vita militare di U. F.«, Livorno 1883), Antona-TraversiUgo F. nella famiglia«, Mail. 1884), de Winckels (Verona 1885–97, 3 Bde., unbrauchbar) und Pallaveri (Livorno 1892). Vgl. auch Corio, Rivelazioni storiche intorno ad U. F. (Mail. 1873); Antona-Traversi: Studii su U. F. (das. 1884), La vera storia dei Sepolcri (Livorno 1884), De' natali, de' parenti, della famiglia di U. F. etc. (Mail. 1886) und Curiosità foscoliane (Bol agua 1889); Martinetti, La Laura di U. F. (Turin 1891); Chiarini, Gli amori di H. F. (Bologna 1891); Graf, Foscolo, Manzoni, Leopardi (Turin 1898); Foà, L'amore in U. F. (das. 1901). »Lettere inedite di U. F. a Silvio Pellico« gab Avoli (Rom 1885), »Ungedruckte Briefe von Freunden U. Foscolos« A. Tobler (Berl. 1892), »Lettres inédites de C. F. á Hudson Gurney« N. Tobler (im »Giornale storico della letterature italiana«, Bd. 39, Turin 1902) heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 799.
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