Pictet

[864] Pictet (spr. piktä), 1) Marcus Auguste, Naturforscher, geb. 23. Juli 1752 in Genf, gest. daselbst 19. April 1825, war Schüler und Reisebegleiter Saussures, dem er 1786 als Professor und später als Präsident der Akademie zu Genf folgte. 1796 begründete er mit seinem Bruder, dem Diplomaten Charles P. de Rochemont (1755–1824, seine Biographie und diplomatische Korrespondenz hrsg. von Edm. Pictet, Genf 1891), und Maurice die »Bibliothèque britannique« (seit 1816 »Bibliothèque universelle«), welche die Verbreitung aller in England gemachten Entdeckungen und herausgekommenen Werke bezweckte. Er unterhandelte 1798 mit der französischen Republik wegen des Anschlusses von Genf an Frankreich und ward 1802 Mitglied des Tribunats und 1807 einer der 15 Generalinspektoren des öffentlichen Unterrichts. Nach der Restauration widmete er sich namentlich der Meteorologie und gründete ein Observatorium auf dem Großen St. Bernhard.

2) Adolphe, Sprachforscher, geb. 11. Sept. 1799 in Genf, gest. daselbst 20. Dez. 1875. Die bedeutendsten seiner Werke sind: »De l'affinité des langues celtiques avec le Sanscrit« (1837), »Du beau dans la nature« (2. Aufl. 1875) und »Les origines indoeuropéennes, ou les Aryas primitifs« (Par. 1859–1863, 2 Bde.; 2. Aufl. 1877, 3 Bde.), eine Darstellung der Ergebnisse der Sprachvergleichung für die Kulturzustände des indogermanischen Urvolkes.

3) François Jules P. dela Rive, Naturforscher, Vetter des vorigen, geb. 27. Sept. 1809 in Genf, war daselbst seit 1835 Professor der Zoologie und Anatomie und starb 15. März 1872. Er schrieb: »Histoire naturelle des insectes névroptères« (Genf 1841–45, 2 Bde.); »Traité de paléontologie« (Par. 1844–46; 2. Aufl. 1853–57, 4 Bde.); »Description des mollusques fossiles dans les environs de Genève« (1847–54); »Description des quelques poissons fossiles du mont Liban« (1850, neue Folge 1866); »Mélanges paléontologiques« (1863–67). Vgl. Soret, François Jules P. (Genf 1872).

4) Raoul Pierre, Physiker und Chemiker, geb. 4. April 1846 in Genf, studierte daselbst und 1868–1870 in Paris und wurde 1879 Professor der industriellen Physik in Genf. Er verdichtete 1877 die bis dahin für permanent gehaltenen Gase Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff durch Druck und Kälte zu Flüssigkeiten, konstruierte auch eine mit einem Gemisch von Kohlensäure und Schwefliger Säure betriebene Eismaschine und studierte das Verhalten verschiedener Körper bei sehr niedriger Temperatur. Hierbei ergaben sich zum Teil technisch wichtige Resultate, und zur Ausbeutung der letztern ging P. 1886 nach Berlin und gründete eine Gesellschaft für flüssige Gase, Rektifikation und Fabrikation von chemischen Produkten. Er schrieb: »Mémoire sur la liquéfaction de l'oxygène, la liquéfaction et la solidification de l'hydrogène et sur les théories des changements des corps« (Par. 1878); »Synthèse de la chaleur« (1879); »Nouvelles machines frigorifiques basées sur l'emploi de phénomènes physico-chimiques« (1885); »Sur la synthèse de la chaleur« (Genf 1895); »Étude critique du matérialisme et du spiritualisme par la physique expérimentale« (das. 1896); »L'acétylène« (das. 1896); »Le carbide« (das. 1896); »Zur[864] mechanischen Theorie der Explosivstoffe« (Weimar 1902); »Die Theorie der Apparate zur Herstellung flüssiger Luft mit Entspannung« (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 864-865.
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