Provokation

[407] Provokation (lat.), Herausforderung, Anreizung; im alten Rom die Berufung an die Volksversammlung gegen Verfügungen der Magistrate; endlich die Aufforderung zur Klagerhebung (provocatio ad agendum). Die Regel, daß niemand gezwungen werden soll, sein Recht im Wege der Klage geltend zu machen (»nemo invitus agere cogatur«), erlitt früher insofern eine Ausnahme, als nach gemeinem deutschen[407] Prozeßrecht eine Partei (Provokant) in gewissen Fällen eine andre (den Provokaten) zur Klagerhebung gegen erstere bei Vermeidung ewigen Stillschweigens auffordern (provozieren) konnte, und zwar im Wege der Klage (Provokationsklage), über die in einem besondern Verfahren (Provokationsprozeß) verhandelt und entschieden wurde (vgl. Diffamation). Der deutschen Zivilprozeßordnung ist jedoch, ebenso wie dem französischen Prozeßrecht, ein solches besonderes Verfahren fremd; sie erreicht denselben Zweck besser und leichter durch die Feststellungsklage (s. d.). Auch für Österreich wurde mit dem Inslebentreten der neuen Zivilprozeßordnung 1. Jan. 1898 die bis dahin bestehende Aufforderungsklage beseitigt, und ist an deren Stelle die Feststellungsklage getreten, die auch auf Feststellung eines Rechtes, nicht bloß Rechtsverhältnisses, gerichtet sein kann. Beim Totschlag wirkt die P. nach dem Reichsstrafgesetzbuch, § 213, strafmildernd, wenn der Täter ohne eigne Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem Getöteten zum Zorne gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden ist (vgl. Tötung).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 407-408.
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