Ratzel

[621] Ratzel, Friedrich, hervorragender Geograph und Schriftsteller, geb. 30. Aug. 1844 in Karlsruhe (Baden), gest. 9. Aug. 1904 in Ammerland am Starnberger See, wurde zuerst Apotheker, studierte dann von Ostern 1866 an Naturwissenschaften in Karlsruhe (unter K. Zittel) und Heidelberg, promovierte im Mai 1868, machte eine Studienreise nach Südfrankreich und nahm dann als Freiwilliger am deutsch-französischen Kriege teil, wo er bei Auxonne schwer verwundet wurde. Vom April 1871 reiste er als Korrespondent der Kölnischen Zeitung in Italien, Frankreich, Siebenbürgen, Ungarn, Nordamerika, Mexiko und Cuba, habilitierte sich dann im Dezember 1875 an der Technischen Hochschule in München für Geographie, wurde 1876 Professor und folgte im Herbst 1886 einem Ruf an die Universität Leipzig. Neben einer reichen akademischen Wirksamkeit hat R. eine außerordentlich fruchtbare und erfolgreiche literarische Tätigkeit entwickelt; für eine große Zahl der angesehensten Tagesblätter, Zeit- und Fachschriften lieferte er zahlreiche Abhandlungen, biographische Aufsätze, Kritiken etc. Ratzels Fundamentalwerke sind: »Anthropogeographie« (Stuttg. 1882–91, 2 Bde.; Bd. 1 in 2. Aufl. 1899); »Völkerkunde« (Leipz. 1886–88, 3 Bde.; 2. Aufl. 1894, 2 Bde.); »Politische Geographie« (Münch. 1897, 2. Aufl. 1903) und »Die Erde und das Leben, eine vergleichende Erdkunde« (Leipz. 1901–1902, 2 Bde.). Von seinen andern Werken sind hervorzuheben: »Sein und Werden der organischen Welt« (Leipz. 1869); »Wandertage eines Naturforschers« (das. 1873–74, 2 Bde.); »Vorgeschichte des europäischen Menschen« (Münch. 1875); »Städte- und Kulturbilder aus Nordamerika« (Leipz. 1876, 2 Bde.); »Aus Mexiko« (Bresl. 1878); »Die Vereinigten Staaten von Nordamerika« (Münch. 1878–80, 2 Bde.; Bd. 2 in 2. Aufl. 1893); »Die Erde. Ein geographisches Lesebuch« (Stuttg. 1881); »Deutschland, Einführung in die Heimatkunde« (Leipz. 1898); »Die Lage im Mittelpunkte des geographischen Unterrichts« (1899); »Die Schneedecke, besonders in deutschen Gebirgen«[621] (Stuttg. 1890); »Das Meer als Quelle der Völkergröße« (Münch. 1900); »Über Naturschilderung« (das. 1904, 2. Aufl. 1906). Ein Teil der in den »Grenzboten« von ihm veröffentlichten Aufsätze ist in einem Neudruck u. d. T.: »Glücksinseln und Träume« (Leipz. 1904) erschienen; Ratzels »Kleine Schriften« wurden von Helmolt (Münch. 1906, 2 Bde., mit Bibliographie von Hantzsch) herausgegeben. Sein Bildnis s. Tafel »Geographen« beim Artikel »Erdkunde«. Vgl. »Zu Fr. Ratzels Gedächtnis«, gesammelte Arbeiten von Fachgenossen und Schülern (Leipz. 1904); K. Hassert in der »Geographischen Zeitschrift«, 1905.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 621-622.
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