Schemnitz

[734] Schemnitz (magyar. Selmecz- és Bélabánya, spr. schélmetz ésch béhlabánja), königliche freie Bergstadt mit geordnetem Magistrat, Sitz des ungarischen Komitats Hont, an der ungarischen Staatsbahnlinie Gran-Breznitz-S., liegt (570 m ü. M.) terrassenförmig in einem tiefen, von schroffen Bergwänden gebildeten Kesseltal am gleichnamigen Bach, besteht aus der eigentlichen Stadt, den Bergvororten Hodritsch, Schnurisberg, Steplitzhof, Oberfuchslos und Windschacht sowie aus der 1868 mit S. vereinigten freien Bergstadt Dilln (Bélabánya) und hat 3 kath. Kirchen, eine 1744 auf einem nahen Basalthügel erbaute Kalvarienkirche (Wallfahrtsort) mit schöner Rundsicht, 2 Klöster und eine evang. Kirche. Hervorragende Gebäude sind das Alte Schloß, das Neue Schloß (Jungfernschlößchen), der Kammerhof (Bergwerksdirektion), der Neubau der Bergwerks- und Forstakademie und das Laboratorium; auch hat S. ein Honvéd-Denkmal. S. zählt (1901) 16,375 slowakische, magyarische und deutsche (römisch-katholische, evangelische und israelitische) Einwohner, die hauptsächlich Bergbau, Holzindustrie, daneben Spitzenklöppelei treiben, und hat eine große Tabakfabrik (1200 Arbeiter) und eine Schuhwarenfabrik. Die sogen. Schemnitzer Tonpfeifen bilden einen bedeutenden Handelsartikel. Außer der von Maria Theresia 1760 gegründeten, ehemals berühmten Bergwerks- und Forstakademie (mit Mineralienkabinett) besteht dort ein dem Piaristenorden gehörendes kath. Obergymnasium, ein evang. Lyzeum und eine Lehrerpräparandie. S. hat eine Bergwerks- und Forst- und eine Tabakfabrikdirektion, ein Bergwerkprodukten-, ein Hütten- und ein Bergamt und ein zweites Bergamt in Windschacht (Szélakna). Die berühmten Erzlagerstätten des Schemnitzer Bergbaues führen gold-, silber-, blei- und teilweise kupferhaltige Silber- und Bleierze. Zwei Drittel des Bergbaues, dessen im Grünstein-Trachyt aufgeschlossene Gänge sich meilenweit bis in das Grantal und bis Königsberg erstrecken, sind Staatseigentum (»Oberbieberstollen«), das letzte Drittel ist Privatbergbau unter der Prinzipalität der Stadt S. und der Gerambschen Union. Von den bestehenden elf Erbstollen ist der im 14. Jahrh. 595 m ü. M. angeschlagene, 8600 m lange Bieberstollen der älteste. Der wichtigste ist der seit 1782 bestehende, 18,000 m lange Kaiser Joseph II. – Erbstollen, der einen 16,538 m langen Hauptquerschlag besitzt und die Grubenwässer in[734] die Gran ableitet. Die Gesamtlänge der ausgefahrnen Strecken beträgt 367 km, die Länge der Förderbahnen gegen 50 km. Der tiefste Schacht ist der 540 m tiefe Amalienschacht. Bei den Werken der Windschachter königlichen Bergverwaltung werden 2500 Männer und 350 Kinder beschäftigt. Die Jahresproduktion beträgt: 120 kg Gold, 6100 kg Silber, 170 dz Kupfer und 8200 dz Blei. Als Hilfszweige besitzt der Oberbieberstollen außer Schmiede-, Schlosser-, Maschinenbauwerkstätten eine Drahtseilfabrik und 3 Dampfbrettsägen. In Bélabánya befindet sich ferner ein Bleihüttenwerk der Gerambschen Union (1000 Arbeiter). – S. ist die älteste Bergstadt in Ungarn, deren Bergbau angeblich schon unter der Römerherrschaft bekannt war. Es wurde im 13. Jahrh. vom König Béla IV. zur königlichen Freistadt erhoben und von flandrischen und niedersächsischen Kolonisten bevölkert. Im 15.–16. Jahrh. waren die Werke von den Fugger (s. d.) gepachtet. Seit Ende des 16. Jahrh. aber ward S. teilweise infolge der Gegenreformation stark slowakisiert und das Deutschtum zurückgedrängt, und erst seit 1848 hat die Magyarisierung nennenswerte Fortschritte gemacht. In der Nähe von S. liegen die besuchten Bäder Szkleno und Vihnye (s. d.). Vgl. Péch, Geschichte der Schemnitzer Bergbauunternehmungen (magyar., Schemn. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 734-735.
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