Sprichwörter

[791] Sprichwörter (lat. Proverbia), kurze und bündige, leichtfaßliche Sätze, die eine Regel der Klugheit oder des sittlichen Verhaltens oder eine Erfahrung des praktischen Lebens ausdrücken und, dem Volksmund entstammend, in die volkstümliche Redeweise übergegangen sind. Sie bilden ein nicht unwichtiges Mittel zur Erkenntnis und Beurteilung des Charakters eines Volkes, insofern sie dessen Anschauungs- und Denkweise, Sitten und Gebräuche treu abspiegeln. S. sind bei allen Völkern in Gebrauch, und zwar hat jedes Volk seine eigentümlichen, obwohl manche S. räumlich und zeitlich weit verbreitet sind. Auch haben fast alle zivilisierten Nationen die Bedeutung der S. zu würdigen gewußt und Sammlungen angelegt. Schon bei den Griechen fand dies statt (s. Parömiographen). Eine große Menge griechischer und lateinischer S. und ähnlicher Ausdrücke gab Erasmus in seinem »Adagia« betitelten Buche. Sammlungen lateinischer S. veröffentlichten Goßmann (Landau 1844), Wiegand (Leipz. 1861), Wüstemann (2. Aufl., Nordhausen 1864), Georges (Leipz. 1863), Otto (das. 1890) u. a. Auch Sammlungen deutscher S. erschienen seit dem 16. Jahrh. zahlreich; hervorzuheben sind die von Agricola (zuerst 1529), Seb. Franck (1541), Eyering (1601), Lehmann (1630); aus neuerer Zeit die von Körte (2. Aufl., Leipz. 1861), Simrock (4. Aufl., Frankf. 1881), Binder (Stuttg. 1874), Wächter (Gütersloh 1888), Tetzner (in Reclams Universal-Bibliothek), [791] Hetzel (»Wie der Deutsche spricht«, Leipz. 1897); über besondere Gebiete die von Sutermeister (»Schweizerische S.«, Aarau 1869), Birlinger (»So sprechen die Schwaben«, Berl. 1868), Eichwald (»Niederdeutsche S.«, Leipz. 1860), Frischbier (»Preußische S.«, Königsberg 1864), E. Höfer (»Wie das Volk spricht«, 10. Aufl., Stuttg. 1898), Eckart (»Niederdeutsche S.«, Braunschw. 1893), L. v. Hörmann (Alpenländer, Innsbr. 1891), Th. Schröder (»Britzeln u. Beschüte«, Paderb. 1898, Sauerländer) und als umfangreichste Sammlungen: Wanders »Deutsches Sprichwörterlexikon« (Leipz. 1863–80, 5 Bde.), v. Reinsberg-Düringsfelds »S. der germanischen und romanischen Sprachen, vergleichend zusammengestellt« (das. 1872 bis 1875, 2 Bde.) und Lipperheides »Spruchwörterbuch« (Berl. 1907). Arabische S. veröffentlichte Socin (Tübing. 1878), niederländische Harrebomée (Utrecht 1853–70, 3 Bde.) und Stoett (Zutphen 1901), italienische Passerini (Rom 1875), sizilische Pitrè (Palermo 1879, 3 Bde.). Über die Rechtssprichwörter s. d. Vgl. Nopitsch, Literatur der S. (2. Ausg., Nürnb. 1833); Zacher, Die deutschen Sprichwörtersammlungen (Leipz. 1852); Duplessis, Bibliographie parémiologique (Par. 1847); Wahl, Das Sprichwort der neuern Sprachen (Erfurt 1877); Prantl, Die Philosophie in den Sprichwörtern (Münch. 1858); Borchardt, Die sprichwörtlichen Redensarten im deutschen Volksmund (Leipz. 1888; 5. Aufl. von Wustmann, 1895); H. Schrader, Der Bilderschmuck der deutschen Sprache in Tausenden volkstümlicher Redensarten (6. Aufl., Berl. 1901); R. Eckart, Stand und Beruf im Volksmund (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 791-792.
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