Tauern, Hohe

[351] Tauern, Hohe, Hochalpenzug der zentralen Gneiszone der Ostalpen (s. Karte »Salzburg«), der westlich vom Krimmler Achental, der Birnlücke (2672 m) und dem Ahrental gegen die Zillertaler Alpen, deren östliche Fortsetzung die Hohen Tauern bilden, im N. vom Salzachtal, im O. vom Großarltal, dem Murtörl (2363 m) und dem Murwinkel, im S. vom Drautal, dem Toblacher Feld und dem Rienztal begrenzt wird und bei einer Länge von 134 km und einer Breite von 45 km eine Fläche von 5740 qkm bedeckt. Im weitern Sinne werden auch die Zillertaler Alpen den Hohen Tauern zugerechnet. Das Gebirge gehört mit geringen Ausnahmen der Urformation an. An ein zentrales System von Gneis schließen sich nördlich und südlich zwei Schieferkomplexe an. Von dem westöstlich gerichteten Hauptzüge, der die Grenze von Salzburg (gegen N.), Kärnten und Tirol (gegen S.) bildet und einschließlich seiner nördlichen Verzweigungen gegen das Salzachtal die eigentlichen Hohen Tauern ausmacht, sind im S. mehrere selbständige Gruppen durch die Nebentäler der Drau abgegrenzt (s. unten). Die eigentlichen Hohen Tauern bestehen aus einem scharfen, weit in die Schneeregion reichenden Hauptkamm, von dem kurze, aber mächtige Äste gegen das Längental der Salzach abzweigen. Die mittlere Kammhöhe beträgt 2600 m. Die Vergletscherung (man zählt 254 Gletscher oder »Keefe«) erreicht in einzelnen Fällen, wie bei der Pasterze (s. d.), Schlattenkees, Obersulzbacher Gletscher, eine gewaltige Ausdehnung, erscheint jedoch im allgemeinen geringer als die der Ötztaler und Ortlergruppe. Dagegen sind die Tauern wegen der Steilheit der Seitenwände ihrer Täler und wegen der tiefen Lage der Talsohlen das an Wasserfällen reichste Gebiet der Deutschen Alpen. In den höchsten Terrassen der zahlreichen parallel zum wasserscheidenden Hauptkamm herabziehenden Tauerntäler finden sich malerische Hochseen. Bemerkenswert sind auch die von den Talbächen gebildeten Felsenschlünde, darunter die großartige Liechtenstein- und die Kitzlochklamm. Die Tauern bilden wegen ihrer herrlichen, in neuerer Zeit leichter zugänglich gewordenen Naturszenerien eins der besuchtesten Reisegebiete in den Alpen. Die einzelnen Berggruppen der Hohen Tauern sind in der Richtung von W. nach O.: die Venedigergruppe (3660 m, s. Großvenediger), die Glocknergruppe (3798 m, s. Großglockner), die Goldberggruppe (3258 m, s. Hochnarr) und die Ankogelgruppe (3355 m, s. Ankogel). Die südlichen Nebengruppen der Hohen Tauern sind: das Pfunderser Gebirge (s. d., 3135 m), die Rieserfernergruppe (3440 m), das Villgratter oder Defereggengebirge, vom Antholzer Tal (westlich) bis zum Iseltal (östlich) reichend, unter der Schneegrenze bleibend, mit sechs Gipfeln über 2900 m (Weißspitze 2962 m), die Röthgruppe, südlich der Venedigergruppe, mit der vergletscherten Röthspitze (3496 m), die Schobergruppe, südlich von der Glocknergruppe, mit fünf Spitzen über 3200 m (darunter Roter Knopf 3296 m, Petzeck 3283 m, Hochschober 3250 m) und mäßiger Vergletscherung; die Sadnig-Kreuzeckgruppe, zwischen Iselberg, Möll und Drau, durch steile Formen ausgezeichnet, jedoch weit unter der Schneelinie bleibend (Polinik 2780 m). Vgl. Artikel »Alpen«, S. 364, und v. Sonklar, Die Gebirgsgruppe der Hohen Tauern (Wien 1866) und Karte (2. Aufl., das. 1875); Heß, Führer durch die Hohen Tauern (das. 1886); Meyers Reisebücher: »Die Deutschen Alpen«, Bd. 2.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 351.
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