Concubināt

[337] Concubināt (v. lat.), das außereheliche Zusammenleben zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum Zwecke der Geschlechtsgemeinschaft (Wilde Ehe). Die Mannsperson heißt Concubinarius, die Frauensperson Concubine. Von der Ehe unterscheidet sich der C. dadurch, daß er theils der Förmlichkeiten eines Eheabschlusses entbehrt, theils wenigstens nicht nothwendig auf Gründung eines Familienlebens berechnet ist. Vom moralischen, wie vom polizeilichen Gesichtspunkte empfiehlt sich das strenge Verbot jedes C-s, da dasselbe regellose u. ungezügelte Geschlechtslust, Aufhebung der Heiligkeit der Ehe u. der, zur menschlichen Bildung u. bes. zu werkmäßiger Kindererziehung nöthigen Einheit u. Würde des Familienlebens zur Folge hat. Durch das ganze Alterthum war das C. geduldet. Bei den Hebräern bestand das C. von jeher, später hatten nicht nur die Könige viele Nebenweiber (Philegesch), z.B. Salomo 800, Rehabe am 60, sondern auch wohlhabende Privatleute. Waren die Concubinen im Hause des Mannes, so standen sie unter der Gewalt u. den Befehlen der Hausfrau, waren ihre Sklavinnen 1. Klasse u. die von ihnen geborenen Kinder hatten kein Erbrecht, sondern erhielten vom [337] Vater nur Geschenke. Indeß genossen diese Nebenweiber selbst nach des Mannes Tode noch eine gewisse Achtung um seinetwillen, u. die Söhne des Hauses durften sie, wenn sie auch noch jung waren, nicht zu ihren Nebenweibern machen. Absalom that dies u. erregte dadurch allgemeinen Unwillen, zumal da sein Vater noch lebte. Polygamie war den Griechen Barbarensitte, aber das C. war ihnen weder verboten noch schimpflich. Die Nebenweiber (Pallakides, Pallakes), entweder im Krieg erbeutete od. auch den Räubern, bes. Seeräubern, abgekaufte Mädchen, waren im Hause Dienerinnen der Hausfrau, sie webten in ihrer Gesellschaft u. richteten das Bett vor. Selbst im Lager hatten die griechischen Helden ihre Pallakides. Ein heiliges Recht schützte auch sie vor Entehrung Anderer. Von ihnen geborene Söhne (Nothoi) wurden mit denen von der Hausfrau gebornen (Gnesioi) erzogen, waren deren Wagenführer im Kriege u. erhielten auch einen Theil des Erbes. Auch bei den Römern war es erlaubt, Nebenweiber (Pellices, zu Augustus Zeit auch Concubinae) zu halten. Das C. war indessen immer nur ein geduldetes Verhältniß, das regelmäßig nur mit Freigelassenen od. Freien vom niedrigsten Stande stattfand. Eine Femina honesta konnte nur durch ausdrückliche Erklärung zur Concubine gemacht werden; auch war das Verhältniß als rein factisches in jedem Augenblicke auflösbar. Die im C. erzeugten Kinder galten für natürliche (naturales) u. wurden in mehrfacher Hinsicht vor anderen außerehelichen Kindern, Liberi spurii od. vulgo quaesiti bevorzugt. Justinian gab ihnen ein Alimentationsrecht gegen den Vater; auch erhielten sie gemeinschaftlich mit der Mutter ein gesetzliches Erbrecht an dem Nachlasse desselben, wenn der Erblasser ohne Hinterlassung rechtmäßiger Kinder u. einer rechtmäßigen Gattin verstorben war. Andererseits wurde dem Vater durch Justinian auch das Recht eingeräumt, durch nachfolgende Ehe mit der Concubine seine natürlichen Kinder zu legitimiren u. so auch das Recht der väterlichen Gewalt über sie zu erwerben. Erst im 9. Jahrh. wurde das C. durch Leo Philosophus gänzlich verboten (Novelle 91). Doch dauerte es im Occidente noch länger, vorzüglich unter den Geistlichen fort, bis auch die kirchliche Gesetzgebung sich dagegen erklärte; dies geschah bes. durch Papst Leo X. In Deutschland wurde es durch die Reichspolizeiordnung von 1530, Tit. 33 von 1577, Tit. 26 auch mit weltlicher Strafe bedroht. Die neueren Strafgesetze behandeln den C. meist als ein Polizeivergehen, was mit Ausweisung, Gefängnißstrafe, auch wohl körperlicher Züchtigung bestraft wird, insofern nicht wegen eines concurrirenden Ehebruchs, einer Entführung od. wegen der abhängigen Stellung der Concubine von der Mannsperson noch andere Strafgesetze eingreifen. Auch das vorzeitige Beisammenleben von Brautleuten kann als C. strafbar werden, wenn es länger ohne die Aussicht auf das Zustandekommen einer wirklichen Ehe fortdauert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 337-338.
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