Einbalsamirung

[540] Einbalsamirung (Balsamirung, Mumisation, Mumification), die Kunst, ganze Leichen od. einzelne Theile vor der Fäulniß so zu schützen, daß sie ihre Form längere Zeit bewahren. Die E. geschieht auf trockenem Wege, während die Aufbewahrung auf nassem Wege Conservirung genannt wird. Durch die E. erhaltenen Leichen nennt man Mumien, s.d. Die eigentliche E., vorzüglich von den alten Ägyptiern geübt, ist noch nicht ganz genau bekannt, auf einzelne Kunstgriffe kann man aus dem Befund an ägyptischen Mumien, wie z.B. Entfernung des Gehirns, der Baucheingeweide, der Brusteingeweide mittelst einer Öffnung in der Achselhöhle etc. schließen. Die E. scheint zum Theil eine Austrocknung unter Anwendung gerbestoffhaltiger Mittel, z.B. durch Salze, gewesen zu sein, bald wurde eine Ausfüllung von Asphalt, bald von aromatischen Harzen angewendet. Zuweilen scheint man die Eingeweide statt durch eine Öffnung in der Achselgrube, durch den After entfernt zu haben, u. zwar mittelst Einspritzung einer Lösung von kaustischem Natron, worauf dann zuweilen noch Asphalt eingebracht, ja die[540] ganzen Leichen zugleich in die gleiche Flüssigkeit getaucht wurden. Bei jeder Art der E. war die Einwickelung in Binden gebräuchlich, deren zumeist 15–20 von verschiedener Feinheit eine über die andere gelegt ist, jedoch so, daß zuerst die einzelnen Glieder jedes einzeln umwunden ist u. dann über diese hinweg andere den ganzen Körper einwickeln (s. Mumien). Die aufgefundenen Mumien entsprechen übrigens vollkommen den Beschreibungen der Mumien u. der E. von Herodot u. Diodor, welche Schriftsteller drei mehr od. minder kostspielige Einbalsamirungsweisen der Ägyptier erwähnen. Bei vornehmen Personen wurde die Bauchhöhle, nachdem die Eingeweide daraus entfernt waren, mit Palmwein ausgewaschen u. mit wohlriechenden Kräutern, Myrrhen, Cassia etc. gefüllt u. wieder zugenäht; dann wurde die so präparirte Leiche eine Zeitlang, bis 70 Tage, in Natrum gelegt, mit Gummi bestrichen u. an jedem einzelnen Theile mit Byssuszeug umwunden, das Ganze aber in eine Decke gewickelt. Mumien ersten Ranges erhielten außerdem noch einen Überzug aus zusammengeleimtem Kattun u. Gyps. Unter den Neueren hat der Apotheker Jean Niclas Gannal (s.d.) in Paris (in Histoire des embaumements, Par. 1838, 2. Aufl. 1841) gezeigt, daß Thonerdesalze in die Gefäße gespritzt, sich so mit den Geweben des Körpers verbinden, daß die Formen des Körpers unverkümmert erhalten werden u. die Fäulniß wenigstens sehr lange verzögert wird. Seiner Angabe nach soll auch, wenn man durch eine schmale Öffnung an einer der Kopfpulsadern in alle Adern des Körpers eine Auflösung von Alaunsalzen einspritzt, die conservirende u. austrocknende Wirkung des Salzes nach allen Körpertheilen hin sich mittheilen. In neuester Zeit hat der englische Oberst Holt in der Umgegend von Mokka eine Art vegetabilischen, aus den Zweigen des in Syrien u. dem Glücklichen Arabien wachsenden Strauches Katren gewonnenen Theer gefunden, womit er Versuche zur E. machen ließ, welche auch in dem heißesten Sommer gelangen. Die Araber glauben, daß die ägyptischen Mumien mit diesem Theer u. einem Zusatz von Campher, Aloe u. Myrrhen präparirt worden seien.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 540-541.
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