Campher [1]

[609] Campher (Camphor, Camphora), ätherisches Öl, welches sich vorzugsweise im japanischen Clorbeer (Persea s. Laurus Camphora) u. in dem auf Borneo wachsenden C-baume (Dryobalanops Camphora) findet, auch kommt es in mehreren Labiaten (Rosmarin, Lavendel etc.) vor. I. Darstellung u. Eigenschaften des C. Je nach der Abstammung wird unterschieden: a) Japanischer C. (Laurineen-C., Camphol, Chinesischer od. Gewöhnlicher C.), C20H16O2, wird vorzugsweise in Japan u. China gewonnen, indem man die Wurzel, das verkleinerte Holz u. die Zweige des C-lorbeers mit Wasser in einem eisernen Kolben mit thönernem Helm, welcher mit Stroh gefüllt ist, sublimirt. So, sehr unrein (Roher C.), kommt er nach Europa, wo er durch abermalige Sublimation über Kalk gereinigt u. in halbkugelförmigen, in der Mitte meist durchbohrten Broden, von etwa 2 Pfd. (Raffinirter C.) versendet wird. Der in kleinen Klümpchen von selbst sich absondernde C. (Bariga) wird als Mittelsorte betrachtet. Im reinen Zustande bildet er eine weiße, feste, durchscheinende bis durchsichtige, schon bei gewöhnlicher Temperatur flüchtige, krystallinische Substanz von eigenthümlichem Geruch; er kann aus seiner alkoholischen Lösung od. durch Sublimation in oktaëdrischen Krystallen erhalten werden, die ein specifisches Gewicht von 0,986 bis 0,996 besitzen, bei 175° schmelzen, über 200° sieden u. mit rußender Flamme verbrennen. In kleinen Stücken auf Wasser geworfen, nehmen diese eine schnelle, rotirende Bewegung an, indem sie verdampfen. Der C., löst sich in Wasser ziemlich schwer, in Alkohol, Äther, fetten u. flüchtigen Ölen u. in Mineralsäuren sehr leicht, mit Alkalien bildet er lösliche Verbindungen. b) Borneo-C. (Borneol, C. von Baros od. Sumatrascher C.), aa) Fester Borneo-C., C20H18O2, der sich in Zwischenräumen des Holzes u. der Rinde des Chaumes findet, in Fässern, oft 130 Pfd. (Tuppen-C., C. in Tupps), nach Europa kommt, aber auch schon in China zu hohen Preisen bezahlt wird, u. deshalb nicht in den eigentlichen europäischen Handel gelangt, bildet krystallinische Massen, schmilzt bei 198° C. u. siedet, bei 212°; er ist in Wasser schwer, in Alkohol u. Äther aber leicht löslich, Salzsäure verwandelt ihn in Japanischen C. bb) Flüssiger Borneo-C., C20H16, hat einen eigenthümlichen Geruch, ist unlöslich in Wasser, siedet bei 165° u. wird an der Luft fest, indem er Sauerstoff aufnimmt; auch am Himalayagebirge gewinnt man von Camphora glandulifera, C., der sich in den Zwischenräumen des Holzes findet. c) Linksdrehender C., findet sich in Matricaria parthenium; er ist in chemischer Beziehung identisch mit dem Japan-C., unterscheidet sich aber dadurch von den übrigen Arten, daß er das polarisirte Licht nach links dreht, während sowohl der Japan-C., als auch der Borneo-C. nach rechts drehen. Das Campheröl, C20H16O, welches sich in Begleitung des C. findet, kommt im unreinen Zustand in den Handel, enthält C. aufgelöst u. wird durch Destillation gereinigt; es ist dann farblos, bricht das Licht stark u. kann durch Salpetersäure in krystallisirten C. umgewandelt werden.

II. Verbindungen u. Zersetzungsproducte des C-s. Wird C. längere Zeit mit Salpetersäure behandelt, so entsteht die Camphersäure, C20H14O6; sie wurde 1785 von Kosegarten entdeckt, der sie durch mehrmalige Destillation von rauchender Salpetersäure über C. darstellte; sie bildet seine, durchsichtige, farblose Blättchen od. Nadeln von saurem Geschmack, die bei 70° schmelzen u. in Alkohol, Äther, fetten u. flüchtigen Ölen leicht, in Wasser schwer löslich sind. Im wasserfreien Zustande kann sie aus dem Hydrat durch Auswaschen mit Alkohol u. Lösen des Rückstandes in siedendem Alkohol erhalten werden, sie bildet dann farblose Krystalle, die sich beim Kochen mit Wasser wieder in das Hydrat verwandeln u. bei 130° unzersetzt sublimiren. Mit vielen Basen bildet die C-säure krystallinische Salze, mit Schwefelsäure behandelt, geht sie unter Entwicklung von schwefliger Säure in Campherschwefelsäure (Sulphocamphersäure) über. Das Amid der C-säure, das Camphamid (Camphoramid), C20H14O4. 2NH2, bildet sich nach Berzelius, wenn man wasserfreie C-säure in trockenem Ammoniakgas erhitzt, das Anil, Camphoranil (Anilocamphorimid), C32H19NO4, wenn man camphersaures Anilin erwärmt; das letztere krystallisirt in glänzenden Nadeln, die in Wasser unlöslich sind u. bei 116° schmelzen. Wird camphersaurer Kalk stark erhitzt, so entstehen neben andern Zersetzungsproducten das Camphoryl (Camphoron, Phoron), C20H14O2, u. das Campholon, C19H17O, beides flüchtige Flüssigkeiten. C-dämpfe über gebrannten, zur Rothgluth erhitzten Kalk geleitet, geben Naphthalin u. eine farblose Flüssigkeit, das Camphron; mit Iod destillirt, geht der C. in Camphin (s.d.), Colophen u. eine flüchtige Substanz, das Camphokreosot, über, welches nach Schweitzer mit dem von ihm aus dem Kümmelöl dargestellten Carvacrol identisch ist; mit Brom erhält man eine analoge Verbindung, das Camphorbromid C. bei gewöhnlicher Temperatur mit Alkalien gemischt, bildet lösliche Verbindungen, die sogenannten Campherseifen.

III. Medicinische Anwendung. In geringen Mengen in den Organismus gebracht, wirkt der C. reizend auf das gesammte Nervensystem, er vermehrt die Thätigkeit der Secretionsorgane, namentlich wird die Hautausdünstung gesteigert; man wendet ihn innerlich an bei Typhus, Blattern, Masern, rheumatischen Fiebern, Rheumatismus, Epilepsie, äußerlich gegen Brand, Frostbeulen, Quetschungen, Gichtgeschwülste, Lähmung etc.; in größeren Quantitäten genossen, bewirkt der C. Brennen im Halse, Erbrechen, Schwindel, Entkräftung, Convulsionen u. selbst den Tod. Er kommt in folgenden officinellen Präparaten zum Gebrauch: a) Campherspiritus (Camphergeist, Spiritus camphoratus), eine Auflösung von C. in [609] Alkohol, äußerlich angewendet gegen Schwäche, Lähmung u. Schlaffheit in den Gelenken; b) Campherseifenpflaster (Campherpflaster, Emplastrum saponatum s. camphoratum s. saponis Barbetti), wird durch Zusammenreiben eines erhitzten Gemisches von C., Bleipflaster, gelbem Wachs u. spanischer Seife mit Baumöl bereitet; c) Campherwein (Vinum camphoratum), Auflösung von C. in Franzbranntwein, wird innerlich gegeben; d) Opodeldocbalsam (Campherseifenliniment, Linimentum saponato-camphoratum), angewendet bei Quetschungen, Verrenkungen etc., ist eine Auflösung von Seife u. C. in Alkohol mit einem Zusatz von Ammoniak, Rosmarin- u. Thymianöl; e) Campheremulsion (Camphermilch, Emulsio camphorata), man reibt C. mit arabischem Gummi zusammen u. versetzt es mit Mandelmilch; f) Campheressig (Acetum camphoratum), eine Auflösung von C. u. arabischem Gummi in Essig; g) Campheröl (Oleum camphoratum), Auflösung von C. in Mandel- od. Mohnöl; h) Campherseife, Auflösung von C. in Ätzkali od. Ätzammoniak.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 609-610.
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