Bornēo

[99] Bornēo (Boreo, Klemantan, Varuni, Varnui), 1) Insel unter dem Äquator im südasiatischen Archipelagus 11,300 QM., liegt zwischen dem 4° S. u. 7° N. Br., 1261/2–137° Östl. Br. von Ferro u. wird von den Metten Sulu ob. Mindoro, Celebes, Sunda, China u. den Straßen Makassar u. Koremata umgeben. Gebirge: im Innern das Krystallgebirge in 3 Ketten, Spitze Tigablas (8000 Fuß), Vulkan; nördlich mit dem Gebirge Kine Ballu, südlich mit den Gunong-Malavi-Pino zusammenhängend; Vorgebirge: nördlich Sampanmanje (Piratencap), Mallawalli; östlich Unsang, Sabannung (Antoni), Kannilungan; südlich Salatan, Laut; westlich Api, Dattu, Barram; Flüsse: Pontianak, Sambas, Banjer Massing, Passir, Barsche, Borneo, Succadana u.a.; Seen: Danu-Malayo, Kini-Balu. Alles noch ziemlich, im Innern fast noch ganz unbekannt; doch ist der Fluß Pontianak auf 46 Meilen befahren u. bildet einen See von 5 Meilen Umfang. Klima an den Küsten sehr heiß, doch im Allgemeinen gemäßigter, an der geographischen Lage nach vermuthet wird; Regenzeit November bis Mai. Producte: Gold (reichlich), Eisen, Zinn, Kupfer, Diamanten u. Edelsteine, Salz, Perlen, Kampher, beste indianische Vogelnester; Gewürze (Pfeffer, 6–8000 Centner jährlich), Eben-, Färbe- u. Schiffsbauholz, Baumwolle; Affen (Orang Outang), Fliegende Hunde, Tiger u. Panther, Elephanten, Nashorn, Krokodil, Raubvögel, Nashornvögel, Salanganen, Flamingos, Karettschildkröten, prächtige Schmetterlinge, Bienen, Seidenwürmer. Einwohner: 3–4 Mill.; sie sind Malaien (das Herrschervolk, zum Theil Muhammedaner, zum Theil Heiden, ist das gebildetste, aber auch grausamste u. rachsüchtigste, mit Lehnsverfassung), Chinesen (welche zerstreut in allen Theilen der Insel angetroffen werden), Dayaks, welche das Innere bewohnen u. wahrscheinlich mit den verwandten Idaans, Tiruns u. Biadschus die Ureinwohner sind, ferner die Igoloten od. Dayers, ein Negervolk, von kleinem Körperbau, u. Papuas; außerdem Javanesen, Buggisen u. Europäer. Man treibt einigen Acker- u. [99] Gartenbau (Malaien u. Dayaks), Viehzucht, Fischerei, Bergbau (Niederländer u. Chinesen), fertigt Baumwoll- u. Seidenwebereien, Korbgeflechte, Waffen, baut Schiffe; Handel treiben bes. die Chinesen. Ein großer Theil der an den Küsten wohnenden Völker treibt Seeräuberei. Es bestehen auf der Insel zahlreiche kleine Reiche (Banjer Massing, Succadana, Sambas, Borneo, Passir, Suluh), von denen die längs der West-, Süd- u. Südostküste meist den Niederländern unterworfen sind, während die übrigen noch unabhängig sind. Die Niederländischen Besitzungen, welche nahe an 700,000 Ew. zählen sollen u. seit 1846 unter einem einzigen Gouverneur stehen, zerfallen in administrativer Hinsicht in die Bezirke Sambas u. Borneo, West- u. Ostküste. Die wichtigsten Besitzungen sind die an der Westküste, da hier die reichsten Diamantgruben (im District Landak) u. Goldminen (bei Sambas u. Mompava). Die wichtigsten Niederländischen Städte sind: Pontignak, 3000 Ew., Landak, Sambas, Mompava, 6000 Ew., Matan, Succadana, Banjer Massing, 10,000 Ew., Bumi-Kintjam (früher Martapura). Nagara. – Gewöhnlich sagt man, daß der Portugiese Magelhaens 1520 zuerst in B. gelandet sei, allein richtiger ist, daß nach Magelhaens Tode sein Schiffslieutenant 1521 zuerst nach B. kam, welches dazumal in 3 muhammedanische Reiche getheilt war. 1527 schickte G. Meneses, der Gouverneur der Molukken, seinen Lieutenant Vasco Laurens nach B., um Handelsverbindungen anzuknüpfen, aber der Sultan ging darauf nicht ein. Doch waren spätere Versuche glücklicher; denn als im Jahre 1600 die Niederländer durch Olivier van Vordt einen Handelsverkehr beabsichtigten, waren die Portugiesen ihnen zuvorgekommen, indeß die Portugiesen mußten nachher den Niederländern weichen. Aber bekannt wurde nur die Küste, in das Innere kam Niemand, u. als 1687 der sicilianische Mönch Antonio Ventimiglia in das Innere eindrang, um das Christenthum zu predigen, kehrte er nicht zurück. 1702 u. 1774 machten die Engländer Versuche der Colonisirung, aber die Holländer reizten die Eingebornen gegen sie. Erst 1839 kam der Engländer James Brooke wieder hierher. Da damals grade ein Aufstand gegen den Statthalter des dasigen Sultans in Sarawak ausgebrochen war u. Brooke diesen Aufstand besiegte, so machte ihn der Sultan zum Statthalter der Provinz. In dieser Stellung erwarb sich Brooke große Verdienste durch die Verbesserung der Lage der Dayaks u. durch die Vertreibung der Seeräuber auf den Flüssen Sakarrau u. Sarebus 1843 u. den folgenden Jahren, wozu er Hülfe durch die Capitäne Keppel, Belcher, Bethune u. den Contreadmiral Thomas Cochrane erhielt, wofür der Sultan von B. am 27. Mai 1848 einen Freundschafts- u. Handelsvertrag mit den Engländern machte, nachdem er denselben bereits 1846 die Insel Labuan abgetreten hatte. Da aber das Klima auf die Gesundheit der Briten so ungünstig wirkte, daß fast alle am Fieber erkrankten, so gaben die Briten die Besitzungen auf B. wieder auf u. behielten nur die Insel Labuan besetzt, um von hier aus den britischen Schiffen Schutz zu gewähren u. für die Dampfschiffe Steinkohlen niederzulegen. Seit 1823 haben die Holländer sich bedeutend ausgebreitet u. zahlreiche unabhängige Stämme, namentlich in den letzten Jahren, unterworfen, so daß ihnen außer der West-, Süd- u. Südostküste auch große Strecken im Innern gehören. Die Seeräuberei ist neuestens mit großer Energie u. daher mit Erfolg bekämpft worden. Vgl. The expedition to B. of H. M. ship Dido for the suppression of piracy by Cap. Henry Keppel, Lond. 1847, 2 Bde., 2. Aufl. 2) Unabhängiges Reich an der Nordwestküste der Insel, mit der gleichnamigen Stadt am B., 10,000 Ew., mit starkem Handel u. ganz auf Pfählen erbaut; 3) Fluß nordwestlich, fällt ins Chinesische Meer; 4) Fluß auf der Südküste, vor dessen Mündung eine kleine Inselgruppe liegt, Batu Mandaui.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 99-100.
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