Eon

[785] Eon (spr. Eong), 1) Eudo de Stella, Edelmann aus der Bretagne, trat 1120 als Schwärmer auf; er hielt sich für den Richter der Lebendigen u. Todten, schweifte mit einem großen Haufen durch Frankreich u. lebte in Saus u. Braus vom Raube der Kirchen u. Klöster. Vom Erzbischof von Rheims gefangen u. 1148 auf der Synode in Rheims verurtheilt,[785] st. er in dem Kerker von St. Denys. 2) Charl. Geneviève Louis Auguste André Timothée d'E. de Beaumont, gewöhnlich Chevaller d'Eon, geb. 1728 in Tonnerre in Bourgogne, war anfangs Parlamentsadvocat in Paris, wurde dann von Ludwig XV. an den russischen Hof geschickt u. wirkte dort zu Gunsten Frankreichs; 1758 zurückberufen, zeichnete er sich als Dragonercapitän im Siebenjährigen Kriege aus, ging nach dem Frieden als Gesandtschaftssecretär mit dem Herzog von Nivernois nach London u. wurde nach dessen Zurückberufung Resident u. dann bevollmächtigter Minister Frankreichs in London; gestürzt u. abgerufen, weigerte er sich zurückzukommen, verlor deshalb alle Stellen, lebte aber in London von einem Jahrgehalt, den ihm Ludwig XV. aus seiner Chatoulle aussetzte. Auch Ludwig XVI. bediente sich seiner als diplomatischen Agenten. Seine geheimen Aufträge vollführte er in Weibertracht, u. als er 1779 nach Frankreich zurückkehrte, wurde er von den Ministern genöthigt, fortan die Frauenkleidung beizubehalten. Der nähere Grund dazu ist unbekannt. Spöttereien über seinen Geschlechtswechsel in der Oper zogen ihm Streit u. Ausforderungen zu, u. um ihn denselben zu entziehen, wurde er eine Zeit lang nach Dijon auf die Citadelle gesetzt; 1783 kehrte er nach London zurück. Beim Ausbruch der Französischen Revolution bot er der Republik seine Dienste an, wurde aber zurückgewiesen, u. da er als Emigrirter seine Pension verlor, gab er, um seinen Unterhalt zu verdienen, Fechtstunde. Er st. 1810, u. die Besichtigung seines Leichnams bewies sein männliches Geschlecht. Werke, größtentheils politischen u. geschichtlichen Inhalts, als: Loisirs du Chevalier d'Eon, Amst 1775, 13 Bde. Die später erschienenen Mémoires du Chevalier d'Eon von Goullardet sind ein Gemisch von Wahrheit u. Dichtung.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 785-786.
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