Synode

[149] Synode (v. gr. Synŏdos), 1) Zusammenkunft; 2) (Concilium), in der alten Kirche eine Versammlung von Bischöfen, um über Kirchen- u. Glaubensangelegenheiten zu verhandeln, deshalb auch Kirchenversammlungen genannt; sie waren entweder Nationalsynoden, welche die Prälaten eines Landes, od. Allgemeine S-n (Synodi universales s. plenariae), welche Abgeordnete aller christlichen Länder hielten; wenn die Beschlüsse derselben Geltung für die ganze Kirche erhielten, so hießen sie Ökumenische S-n, s.u. Concilium; 3) (in Schottland Kirchensession, in Holland Kirchenrath), in der Reformirten Kirche, bes. Schottlands u. Hollands, der Vorstand der Kirche, bestehend aus dem Prediger u. den Ältesten der Gemeinde, mit gleicher Macht, wie die protestantischen Consistorien. Die Versammlung aller Geistlichen mit den obersten Ältesten der einzelnen Gemeinden heißt in Schottland Presbyterium, in Holland Klasse; aus diesen vereinigen sich Deputirte aller Presbyterien u. Klassen zu Provinzialsynoden, denen ein königlicher Commissarius beiwohnt; in Holland ist diese seit 1825 jährlich im Haag, in Schottland seit 200 Jahren in Edinburg. Eine solche Verfassung haben auch die protestantischen Dissenters in England u. Irland u. die protestantischen Secten in Nordamerika. In Frankreich umfaßt bei den Reformirten eine S. fünf Consistorialbezirke, ein Konsistorium aber bilden die Prediger u. Ältesten von allemal 6000 Seelen; die S-n u. ihre Beschlüsse stehen unter der Genehmigung der Regierung. Den Kreissynoden ähnlich sind die in der Schweiz jährlich mehrmals gehaltenen Versammlungen der Geistlichen, welche aber keine Behörden sind, sondern nur Anträge machen dürfen. Nur in Schottland u. Frankreich wurde das Synodalsystem, welches in der Entstehungsform der Reformirten Kirche seinen Grund hatte, genau zur Anwendung gebracht; in Deutschland besteht diese Verfassung nur bei den einzelnen französischen Colonistengemeinden u. in einigen Staaten; sonst ist hier die oberste Kirchengewalt bei dem landesherrlichen Episcopat u. bei den Consistorien. In einzelnen deutschen Ländern haben die S-n fast gar keinen Eingang gefunden, während in andern die Abneigung gegen die bureaukratische Verwaltung der Kirche u. der Wunsch bei den Gemeinden eine größere Betheiligung an den kirchlichen Interessen herbeizuführen, für die S-n günstig wirkten. In Baden wurden sie 1821 mit der Union eingeführt u. die Generalsynode bildete eine berathende Behörde, kam aber seit 1855, bes. durch Annahme des Unionskatechismus, in mancherlei Conflicte u. wurde durch die Kirchenverfassung in ihrer Zusammensetzung u. Stellung wesentlich verändert. In Baiern traten seit 1825 S-n ins Leben, jedoch mit ziemlich beschränkter Wirksamkeit. Seit 1849 wurde eine Generalsynode mit einem freiem Wahlgesetz gebildet. Allein auch hier, wie in der Generalsynode der Rheinpfalz, gab es viele Kämpfe (s.u. Protestantische Kirche). In Oldenburg bearbeitete 1849 eine Constituirende S. die neue Kirchenordnung u. rief eine Landessynode ins Leben, welche jedoch 1852 manche Veränderungen erfuhr, so daß sie gegenwärtig aus 12 geistlichen, 17 weltlichen u. 5 vom Großherzog ernannten Mitgliedern besteht. Nur mit ihrer Zustimmung ist der Erlaß von kirchlichen Gesetzen zulässig. In Württemberg waren 1823 zu Stuttgart S-n der Reformirten u. Lutherischen verschieden gehalten, wo es zur Localunion kam u. Kirchenconvente für alle Kirchspiele des Königreichs beschlossen wurden. In Preußen bestand seit alter Zeit eine Synodalverfassung in Jülich, Kleve, Berg u. Mark; nachdem früher schon vergebens die allgemeine Einführung in alle Provinzen Preußens versucht war, sind 1844 im ganzen Lande Diöcesan- u. Provinzialsynoden gehalten worden, welche öfter wiederkehren. Vom 2. Juni bis 29. Aug. 1846 wurde eine Generalsynode in Berlin gehalten, wo bes. über die Verpflichtung der Geistlichen auf die Bekenntnißschriften u. Lehrordnung, über die Union u. die Verfassung der Kirche verhandelt wurde. Blos wissenschaftliche Zwecke haben die Diöcesansynoden in Braunschweig u. Mecklenburg, so die ähnlichen S-n der dänischen Bischöfe, u. gehören eigentlich, sowie die freiwilligen Predigervereine in mehren deutschen Staaten, südfranzösischen Provinzen u. Schweden, nicht hierher; vgl. Presbyterial- u. Synodalverfassung. Die Anglikanische Kirche hatte sonst ein sehr wirksames Synodalwesen, jetzt ist es nur eine Förmlichkeit; vor Anfang der Parlamentsversammlungen haben die Bischöfe eine Versammlung (Convocation). Auch in der Katholischen Kirche ist die Einrichtung von S-n zur Sprache gekommen u. dieselben als ein wichtiges Glied in der zu verbessernden kirchlichen Verfassung bezeichnet worden. Bereits im Mittelalter gab es Provinzial u. Diöcesansynoden, u. nach der Reformation sah man in ihnen ein Mittel zur Wiederherstellung des kirchlichen Friedens, weshalb sie auf dem Augsburger Reichstage 1548 u. bes. von Karl V. für die einzelnen Bisthümer empfohlen wurden. Allein sie fanden bei den Bischöfen wie bei der niedern Geistlichkeit nicht überall Beifall u. durch den Dreißigjährigen Krieg kamen sie ganz außer Gebrauch, so daß 1662 in Köln die letzte S. gehalten wurde. Die Reformbewegungen in der Deutschen Kirche im 18. Jahrh., namentlich durch die Emser Punctation (s.d.), regten zwar das Interesse an den S-n wieder an, hatten aber hauptsächlich wegen der Abneigung der Bischöfe dagegen keinen weiteren Erfolg. Dagegen wurden sie von den 1848 in Würzburg versammelten Bischöfen empfohlen u. 1854 in einem Hirtenbrief von dem Fürstbischof von Breslau als altkirchliche, im Tridentinum gebilligte u. für das kirchliche Leben notwendige Einrichtung bezeichnet. Doch ist für die weitere Ausführung weiter nichts geschehen. Nur bei den neuesten kirchlichen Bewegungen in Italien unter Passaglia. Pater Antonio Isaia u. And. u. durch die dortigen Reformvereine ist der Wunsch nach einer repräsentativen Verfassung der Kirche u. nach Diöcesan-, Provinzial- u. Nationalsynoden wieder laut geworden.[149] Über die Stellung der S-n in der Katholischen Kirche gehen die Ansichten sehr weit auseinander. Die streng kirchliche Richtung hält sich an die unter dem Papst Benedict XIV. aufgestellten Ordnungen (in der Schrift: De synodo dioecesana), nach welchen die Diöcesanen nur eine berathende Stimme haben, die Schlußfassung aber dem Bischof zusteht, u. wobei als Zweck der S-n die Verbesserung fehlerhafter Zustände, die Bekanntmachung kirchlicher Verordnungen u. die Unterweisung u. Erbauung der Diöcesanen bezeichnet wird. Dagegen ist die Verhandlung von Gegenständen des Glaubens u. von der kirchlichen Verfassung ausgeschlossen. Die Synodalordnung (Ordo ad synodum) gibt die nöthige Anweisung über die Geschäftsbehandlung. Ansprachen des Bischofs od. eines Klerikers, Verlesung älterer u. neuerer Verordnungen, etwaige Klagen u. Beschwerden, Umfragen über bevorstehende Erlasse, Schlußwort u. Segen sind die Hauptbestandtheile dieser gewöhnlich drei Tage dauernden S-n, welche sonst jährlich zweimal zusammengerufen wurden. Jedoch wird auch von denjenigen, welche diese früheren S-n für die Gegenwart empfehlen, zugegeben, daß manche Abänderungen im Laufe der Zeit vorgekommen u. auch nothwendig, u. daß jene Synodalordnung nicht für die außerordentlichen S-n passend erscheint, welche bei besondern Veranlassungen gehalten worden sind. Die Anhänger der S-n beziehen sich zur Begründung ihrer Ansicht auf die Verfassung der alten Kirche, in der nach der Apostelgeschichte u. den Kirchenvätern Zusammenkünfte wegen kirchlichen Berathungen stattfanden, auf die Richtung der Zeit, welche dem streng monarchischen Princip in der Kirche abgeneigt sei, u. auf die wohlthätigen Wirkungen, welche aus diesen S-n unter dem Zusammenwirken von Laien u. Geistlichen für die gesammte Kirche hervorgehen würden, indem man in dieser letztern Beziehung das hier u. da locker gewordene Band zwischen der höhern u. niedern Geistlichkeit auf diesem Wege befestigen zu können glaubt. Vgl. Binterim, Geschichte der deutschen National-, Provinzial- u. Diöcesanconcilien, Mainz 1835–43, 7 Bde.; Hirscher, Die kirchlichen Zustände der Gegenwart, 1849. Die Griechische Kirche halt keine S-n mehr. 4) (Heiliger dirigirender Synod), in Rußland eine Stiftung Peters des Großen vom 24. Febr. 1721, ist die oberste Kirchenbehörde des Reiches, welcher über sämmtliche Angelegenheiten der herrschenden, d.h. griechisch-katholischen od. orthodoxen (rechtgläubigen) Kirche die Entscheidung zusteht. Er hat seinen Sitz in Petersburg, wohin derselbe von Moskau verlegt worden ist, doch ist in Moskau ein Comptoir desselben bestehen gelassen u. ein neues, das grusinoimeretische, in Tiflis errichtet worden. Ein Metropolit (entweder der von Nowgorod, welcher zugleich Erzbischof von St. Petersburg ist, od. der von Moskau u. Kolomna) führt den Vorsitz, dagegen steht dem Minister der Volksaufklärung als Oberprocurator des Synod das Veto zu. Die Zahl der zum Synod gehörigen Personen ist unbestimmt u. wird dieselbe durch das Bedürfniß der einzelnen mehr od. minder wichtigen Sektionen desselben bedingt. Zur Stimmabgabe u. Theilnahme an den Sitzungen berechtigt sind im Allgemeinen die Vorsteher der sämmtlichen gegenwärtig bestehenden 57 griechischen Eparchien, welche in drei Klassen zerfallen, die Obergeistlichen der Armee u. der Flotte, sowie des abgesonderten Garde-, Grenadier- u. Kaukasischen Corps, u. des Ressorts des Hofes u. die Superiore u. Archimandriten der Klöster. Eine eigene Synodal-Typographie besteht noch heute in Moskau. Der Synod veröffentlicht alljährlich die offiziellen Berichte über die Geburten, Trauungen, Todesfälle etc. innerhalb der Griechischen Kirche, welche eine der wichtigsten Fundgruben für die Statistik Rußlands sind. 5) Die Heilige S. in Griechenland, s.u. Griechische Kirche S. 630; 6) so v.w. Schulconferenz an größeren Schulanstalten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 149-150.
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