Falten der Hände beim Gebet

[98] Falten der Hände beim Gebet (Conjunctio od. Complicatio manuum et digitorum). Die Erklärung der Entstehung dieses Gebrauchs in der Kirche wird verschieden angegeben; Einige leiten ihn von der Sitte der Gladiatoren her, welche die Hände über die Brust kreuzten od. falteten zum Zeichen, daß sie sich für Besiegte erklärten; so falteten die Christen die Hände, um dadurch zu erklären, daß sie nicht wider Gott streiten, sondern sich ihm ganz ergeben wollten. Nach Andern werden die Hände beim Gebet gefaltet zum Zeichen, daß der Geist nicht zerstreut, sondern zusammengehalten u. gesammelt ist. Wenn diese Sitte in der christlichen Kirche aufgekommen ist, weiß man nicht; das früheste Zeugniß dafür ist Papst Nikolaus I. (st. 867), welcher das Falten der Hände als ein Zeichen dafür hielt, daß wir Knechte, Gefangene u. Gebundene Christi sind, bereit zur Strafe u. Züchtigung. Übrigens scheint im christlichen Alterthum das Ausbreiten od. Erheben der Hände beim Gebet weit mehr als das Falten derselben Sitte gewesen zu sein, indem man dadurch den gekreuzigten Heiland darstellen wollte. Doch artete diese Sitte bald aus, u. Cyprian u. Chrysostomus tadeln die ungebührlichen Bewegungen der Betenden nachdrücklich.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 98.
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