Faustin [2]

[139] Faustin I. (Soulouque), Kaiser von Hayti, wurde 1787 als Sklav in Petit Grava geboren u. erhielt nach Aufhebung der Sklaverei u. der französischen Colonien 1793 seine Freiheit. In seinem 16. Jahre trat er als gemeiner Soldat unter Dessalines in Dienste, avancirte bald, kam 1811 zur Cavallerie u. erhielt 1820 eine Hauptmannsstelle. Unter der Präsidentschaft Boyers gehörte er zu dessen Umgebung; 1840 wurde er Major u. 1843 Oberst; 1846 erhielt er als General die Commandantur von Port-au-Prince u. wurde nach Richers Tode, 1847, Präsident der Republik. Ein von ihm vorbereiteter Staatsstreich gegen die Farbigen kam 1848 im April zur Ausführung. Um einer angeblichen Verschwörung der Mulatten rechtzeitig entgegen zu treten, wurden diese in einem fast viertägigen Blutbade theils in den Häusern u. Straßen niedergemetzelt, theils ohne alle Form hingerichtet. Seine Macht befestigte sich seit dieser blutigen Katastrophe; obgleich ein gegen den östlichen, spanisch redenden Theil der Insel Hayti, gegen die Mulattenrepublik Sau Domingo gerichteter Feldzug, um auch diese zu unterwerfen, nicht glücklich ausfiel, so bemächtigte er sich doch 1849 in Port-au-Prince der obersten Staatsgewalt u. wurde 1850 als F. I. zum Kaiser von Hayti gekrönt. Einenochmalige Krönung erfolgte am 18. April 1852. Über seine Regierung u. seine unglücklichen Kriege gegen die Republik S. Domingo s.u. Hayti (Gesch.). Die Einrichtung seines Hofes nach französischem Muster u. seine Nachahmung der Napoleonischen Staatseinrichtungen. wobei er es nur zu einer Carricatur derselben bringen konnte, haben ihn in den Augen der civilisirten Welt zu einer lächerlichen Figur gemacht, während seine barbarische Willkürherrschaft die finanzielle Kraft u. den gesetzlichen Halt seines Reiches fast gänzlich zerrütteten. Seine Gemahlin heißt Ourika.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 139.
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