Flibustier [1]

[353] Flibustier, im Anfang des 17. Jahrh. hatten einige, von der Insel St. Christoph vertriebene Engländer u. Franzosen sich auf der Schildkröteninsel, nahe bei S. Domingo, niedergelassen, um Tabak zu bauen od. auf S. Domingo Büffel zu jagen, deren Fleisch sie nach Art der Indianer an der Sonne trockneten (daher auch Bukanier), u. Seeräuberei zu treiben, u. fuhren dazu in leichten Böten (englisch Fly-boats, daher ihr Name), ja in bloßen Canots, in die See. Zwar zerstörten die Spanier die Niederlassung der F. auf der Schildkröteninsel, konnten aber das Wiedererstehen derselben nicht hindern. Nach der Ausrottung der Büffel durch die Spanier auf S. Domingo trieben die F. ausschließlich Seeräuberei, u. nach u. nach trat der Abschaum aller seefahrenden Nationen den F-n bei, die nun, von der englischen u. französischen Regierung begünstigt, sich oft zu förmlichen Raubzügen vereinten. So wurden bald die Namen ihrer Hauptleute, wie Pierre le Grand, Levis Scott, Eduard Davis, Alexander der Eisenarm, l'Olonois, Grammont, de Gouff, van Horn, Mansfield, Morgan, an den Küsten von Domingo allgemein gefürchtet. Die Plünderung der Stadt S. Franzisco de Campeche war das erste wichtige Unternehmen der F., dem bald mehrere ähnliche folgten; l'Olonois eroberte 1666 mit 660 Mann Maracaibo u. Fort de la Barra, 1668 Puerto del Principe auf Cuba, Porto bello u. amerikanisch Gibraltar, Ein anderer Haufen unternahm 1680 einen zweiten Zug nach dem, wieder aufgebauten Panama, der jedoch mißlang, so daß sieerst nach der Insel Juan Fernandez u. endlich um das Cap Horn zurücksegelten. 1683 wurde Vera Cruz von 1200 F. unter van Horn u. Chaumont überrumpelt u. 1685 Campeche genommen, wo sie am Ludwigstage zu Ehren des Königs von Frankreichs für 200,000 Piaster Campecheholz verbrannten. 1685 segelten mehrere Haufen F., denen man jetzt von französischer u. englischer Seite den Schutz zu verweigern anfing, 1100 Mann stark von Domingo u. Jamaica nach dem Südmeere durch die Magellanstraße, um die Häfen von Chili u. Peru zu plündern. Sie stießen jedoch dort auf eine spanische Flotte von 7 großen Schiffen, verloren ein Fahrzeug, wurden gänzlich zerstreut u. kehrten größtentheils durch die Magellanische Meerenge zurück. Ein anderer, 285 Mann starker Hausen, dem die Schiffe fehlten, zog quer durch das Land, über Nicaragua u. die Stadt Neu-Segovia, u. gelangten nach den größten Schwierigkeiten an den Magdalenenfluß, schifften in Baumbastkörben den Fluß hinab u. kamen nach 68 Tagen am Meere an, wo sie in Canots nach der Perleninsel hinüber, von da aber einzeln auf Handelsschiffen nach den westindischen Inseln fuhren. Seit dieser Zeit verschwindet der Name der F., indem sie größtentheils sich auf dem, zu einer französischen Colonie gewordenen Domingo ansiedelten. Nur 1697 begleiteten 650 derselben den französischen Admiral de Pointis bei der Unternehmung gegen Cartagena, trennten sich aber nachher von der französischen Flotte, weil ihnen der Admiral ihren Antheil an der Beute verweigerte, kehrten nach Cartagena zurück u. erpreßten noch ein besonderes Lösegeld. Sie lösten sich endlich zu Anfang des 18. Jahrh. auf. In neuester Zeit hat man F. auch andere bewaffnete Abenteurer genannt, welche in ähnlicher Weise auf Seeraub u. Küstenplünderung ausgehen, so namentlich die Walkerschen Freischaaren, welche sich 1856 in Besitz von Nicaragua setzten. Vgl. von Archenholz Geschichte der F. im 2. Theil seiner kleinen historischen Schriften, Tüb. 1803.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 353.
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