Geiser

[77] Geiser (vom Isländ. geysa wüthen, ungestüm hervorbrechen), die in Island vorkommenden kochenden Springquellen, die in regelmäßigen Zwischenräumen ihr Wasser, in Dampfwolken eingehüllt, mit Getöse in die Höhe schleudern. Sie haben alle ihren Sitz in der siedenden Trachytformation, enthalten alle Kieselsubstanz, die sie als Kieselsinter absetzen, u. entbinden Schwefelwasserstoffgas. Sie finden sich zahlreich an den Ausgängen des großen centralen Thales, namentlich an seinem südlichen Ende. Die prachtvollsten sind der Große G. u. der Strokkr, 5 Meilen nordwestlich vom Hekla. Der Große G. ist uralt; ein kreisförmiger, 30 Fuß hoher u. 200 Fuß im Durchmesser haltender, aus Kieseltuff bestehender Wall umgibt ein flaches Bassin von 40–50 Fuß Durchmesser u. 7–8 Fuß Tiefe, das in der Mitte des Bodens in eine 70 Fuß tiefe, am oberen Ende 10 Fuß weite, nach unten aber sich verengende Röhre übergeht. Nach dem Ende einer Eruption steht das Wasser 3–4 Fuß tief unterhalb der Mündung dieser Röhre, allmälig aber steigt es u. füllt das Bassin, bis die Eruption einer 9 Fuß starken u. bis 100 Fuß hohen Wassersäule beginnt. Der Strokkr, erst 1784 durch ein Erdbeben entstanden, etwa 200 Ellen von dem Großen G. entfernt, ist ein kreisförmiger Brunnen, 41 Fuß tief, mit einer Röhre, die 74 Fuß im Durchmesser hat, sich nach unten aber trichterförmig verengt, so daß sie in einer Tiefe von 26 Fuß nur noch 8 Zoll weit ist. Die Oberfläche des Wassers ist in beständigem Sieden, am Grunde hat es 114° C. Der Strokkr steht zwar dem Großen G. an Gewalt u. Masse des Wassers nach, übertrifft ihn aber häufig an Pracht u. Schönheit Nach den von Bunsen u. des Cloizeaux 1846 in Island angestellten Untersuchungen erklärt sich die Erscheinung folgendermaßen: Das aus großer Tiefe aufsteigende Wasser besitzt wegen der Temperaturzunahme[77] nach dem Erdinnern eine große, 100° übersteigende Hitze. Da aber Wasser, welches unter bedeutenderem Drucke, als der gewöhnliche Atmosphärendruck ist, zum Sieden auch eine höhere Temperatur als 100° bedarf, so verwandelt sich auch das Wasser in der Tiefe noch nicht in Dampf, sondern erst, wenn es emporkommt, u. hier wird auch anderes noch nicht dampfförmiges Wasser durch den plötzlichen Proceß als Schaum hervorgetrieben; die Dampfbildung u. die Abkühlung durch die Atmosphäre bewirken aber bei einer engen Ausflußröhre, daß das Wasser an der Oberfläche immer 100° besitzt. Anders verhält sich jedoch die Sache, wenn, wie beim Großen G., die Röhre weit genug ist, daß das heraufsteigende Wasser durch die Luft u. die umgebenden Gesteine so schnell abgekühlt wird, daß die obersten Schichten nicht die dem Siedepunkte entsprechende Wärme besitzen. Durch diesen Umstand wird der Vorgang ein periodischer. Während nämlich nach dem Ende einer Eruption das Wasser allmälig die Röhre wieder füllt, zeigt das Thermometer, daß die Wassersäule an keinem Punkte die Wärme besitzt, die zu seiner Verwandlung in Dampf nach Maßgabe des auf ihm lagernden Druckes erforderlich ist, daß aber in der Mitte des Rohres die Temperatur dem Siedegrade immer am nächsten kommt. Hier erreicht sie denselben daher auch bei der fortwährenden Erwärmung durch das aufquellende Wasser am ersten, u. die Gewalt des sich bildenden Dampfes schleudert plötzlich die ganze aufliegende Säule in die Luft. Zugleich kommen dadurch die tieferen Schichten unter geringeren Druck u. verwandeln sich daher gleichfalls in Dampf. Das emporgetriebene Wasser fällt theils außerhalb des Bassins nieder, daher der gesunkene Wasserspiegel nach der Eruption; theils stürzt es in das Bassin zurück u. führt durch seine Abkühlung das Ende der Eruption herbei. Müller in Freiberg hat hiernach einen Apparat hergestellt, welcher jene Erscheinungen nachweist u. veranschaulicht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 77-78.
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