Mordwinische Sprache

[448] Mordwinische Sprache, ein Zweig des Finnischen Sprachstammes, zerfällt in 2 Dialekte, den eigentlichen Mordwinischen od. Ersäuischen u. den Mokschanischen. Jener hat, wie die meisten Sprachen dieses Stammes, die Eintheilung der Vocale in harte u. weiche. Die Substantiva haben kein Genus, aber 12 Casus: Nominativ, Genitiv, Dativ, Allativ, Adessiv, Illativ, Inessiv, Ablativ, Elativ, Prädicativ, Caritiv u. Temporalis, z.B. Nom. kudo das Haus, Gen. kudon des Hauses, Dat. kudonen dem H., All. kudov, kudom zu dem H., nach H., Adeff. kudova zu H., Illat. kudos in das H., Iness. kudoso in dem H., Ablat. kudodo von dem H., Elat. kudosto aus dem H., Präd. kudoks als H., Carit. kudovtomo ohne H.; der Temporalis tsäsne in der Stunde, von tsäs. Die Endung des Plur. ist t, welches theils vor, theils nach der Casusendung steht, z B kudot die Häuser, Gen. kudotnen, Illat. kudost etc. Außer dieser unbestimmten Declination gibt es noch eine bestimmte: kudos das Haus, Plur. kudotne. Die Abjectiva haben keine Steigerungsgrade; ihre Declination ist der der Substantive gleich. Die Zahlwörter sind: 1 väjke, vä, 2 kavto, 3 kolmo, 4 nile, 5 väte, 6 koto, 7 sisem, 8 kavkso, 9 väjkse, 10 kämen; sie werden ebenfalls declinirt. Ordinalia werden daraus durch die Endung tse gebildet. Die persönlichen Pronomina mon ich, ton du, son er, min wir, tin ihr, syn sie, haben eine eigenthümliche Declination. Die Pronominalsuffixe (Sing. 1. Pers. m, n, 2. Pers. t, 3. Pers. zo, nzo, Plur. 1. Pers. nok, mok, 2. Pers. nk, 3. Pers. st) dienen als Possessiva. Das Verbum hat nur 2 Tempora, Präsens u. Präteritum, aber verschiedene Modi: Imperativ, Infinitiv, Conjunctiv, Conditionalis, Optativ, Participium u. Gerundium, ferner ein Passivum, eine besondere negative Conjugation u. eine Conjugation mit Pronominalobjecten. Die Wurzel ist nur im negativen Imperativ vorhanden: ilä jovta sprich nicht; der Inf. hängt daran die Endung ms, mo: jovtams, jovtamo sprechen. Das Präsens heißt Sing. 1. Pers. jovtan, 2. jovtat, 3. jovty, Plur. 1. jovtatanok, 2. jovtatado, 3. jovtyt. Das Prät. endigt auf yn (jovtyn), der Conjunctiv auf sa od. volin (jovtasa, jovtavolin); der Conditionalis wird durch die Partikel derän, deräj gebildet, z.B. jovtin derän od. jovtan deräj, wenn ich spräche; Optativ jovtykskelin ich wollte sprechen; Imperativ jovtak sprich, jovtado sprecht; Participium jovtaz sprechend; Gerundium jovtaks als sprechend. Das Passivum fügt ein v zwischen Wurzel u. Endung, z.B. jovtavi es wird gesprochen. Im Negativum wird meistens die Negation flectirt u. das Verbum bleibt unverändert. Die Conjugation mit Pronominalobjecten hat bes. Endungen, welche die Person des Objects gleichzeitig mit der des Subjects ausdrücken, z.B. sodan ich kenne, sodatan ich kenne dich, sodatadyz ich kenne euch, sodasamak du kennst mich, sodasamisk du kennst uns etc. Anstatt der Präpositionen gibt es Postpositionen. Adverbia werden aus Substantiven u. Adjectiven durch die Endung des Elativs sto gebildet. Für Wortableitungen gibt es viele Formen. Der Anfang des Vaterunsers lautet: tätäi minek, kona eri mänel lankso, uleze lämes tont svätol, d.h. Vater unser, welcher lebt Himmel über, sei Name-der dein heilig. Grammatik von v. d. Gabelentz in der Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, Bd. II.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 448.
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