Paros

[709] Paros, 1) Insel des Ägäischen Meeres, südlich von Delos, eine der reichsten Kykladen; darauf das Flüßchen Asopos u. der Berg Marpessa, worin der durch seine Weiße u. Feinkörnigkeit berühmte Parische Marmor gebrochen wurde, mit fruchtbaren[709] Gefilden, zahlreichen Viehheerden, mit der Hauptstadt Paros; Vaterland des Dichters Archilochos, der Maler Polygnotos, Arkesilaos u. Nikanor u. der Bildner Agorakritos u. Skopas; heißt noch jetzt P., gehört zur Nomarchie der Kykladen, hat über 3 QM. Umfang u. etwa 6000 Ew.; die höchste Spitze des von Norden nach Süden die Insel durchschneidenden aus lauter Marmorgebirge bestehenden Höhenzugs, der Berg St. Elias, ist über 2300 Fuß hoch, u. davon bildet der eigentliche Marmorberg Marpessa einen Theil; die Insel hat viele Klöster, ist von natürlicher Fruchtbarkeit, aber weniger angebaut u. ziemlich baumleer; die ganze Ostküste ist voll kleiner Häfen, u. der von Naussa, einem städtisch gebauten Flecken an der Nordostspitze, ist vorzüglich geräumig u. sicher. Das größte Dorf inmitten der Insel ist Levkä, u. ostwärts davon liegen die sogenannten Dörfer von Kephalos in einer weiten Ebene mit Aussicht auf das nahe Naxos. Südwestlich von P. liegt die kleine, aber fruchtbare Insel Antiparos (s.d.); südwestlich von ihr liegen die kleinen Eilande Strongylonisi u. Episkopi. 2) (Paroikia), Hauptstadt an der Nordwestküste der Insel u. an einer Hafenbucht, auf den Ruinen der alten Stadt Paros gelegen, hat eine hellenische u. zwei Gemeindeschulen, Friedensgericht u. Lazareth; dabei die Kirche Hekatontapyliani, deren Gründung die Tradition der Sta. Helena beilegt, mit alten dorischen Säulen u. einem alten Taufbecken. – Die ersten bekannten Bewohner von P. waren Karer; um 1400 v. Chr. wurde es von dem König Minos von Kreta unterworfen; nachher kam es an die Arkader u. wurde zuletzt von Ionern bewohnt. Durch seinen bald ausgebreiteten Handel wurde P. Stifterin von Colonien auf Thasos, in der Propontis (Parion) etc. Weil es sich mit den Persern zur Unterwerfung Griechenlands verbunden hatte, so belagerte es Miltiades nach der Schlacht bei Marathon, weil er aber durch ein Feuerzeichen, welches er für das Signal einer nahenden Flotte hielt, getäuscht abzog, wurde er ins Gefängniß geworfen. Später eroberten es die Athener unter Themistokles, doch unter Athens Herrschaft u. während des Peloponnesischen Krieges sank P. u. hatte in der Folge mit den übrigen Kykladen gleiches Schicksal. Im 3. Jahrh. kam es an die Ptolemäer, fiel an Athen zurück, wurde aber um 150 v. Chr. kurze Zeit dem pontischen Könige Mithridates zinspflichtig; von diesem kam es an die Römer. 1207 wurde es zum Herzogthum Naxos geschlagen. Es kam in der Folge als Mitgift einer Sanudo an das Haus Sommariva, im 15. Jahrh. auf dieselbe Weise an das Haus Venier u. dann an die Türken. Hier wurde 1627 die als Parische Chronik od. Marmora Arundeliana bekannte Marmortafel mit einem Theile der alten Geschichte Griechenlands entdeckt, welche seit 1667 der Universität Oxford gehört (s. Arundel 2). Am 10. Juli 1651 wurden die Türken von den Venetianern unter Mocenigo bei P. zur See geschlagen, dabei verlor die Insel ihre Hauptzierde, die Ölbäume, u. wurde durch den Druck der Türken noch mehr herunter gebracht. Im Russisch-türkischen Kriege hatte 1770 die russische Flotte unter Orlow u. Spiridow bei Naussa eine längere Zeit ihre Hauptstation u. ihren Waffenplatz. Im Griechischen Freiheitskampf kam es an Griechenland. Vgl. Roß, Reisen auf den griechischen Inseln des Ägäischen Meeres, Stuttg. 1841.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 709-710.
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