Pfändung

[935] Pfändung, 1) die erlaubte eigenmächtige Wegnahme einer fremden beweglichen Sache (z.B. von Thieren) bei widerrechtlichen Beschädigungen auf Grundstücken u. bei Besitzstörungen von Seiten desjenigen, welcher den Schaden leidet od. damit bedroht wird, in der Absicht, sich dadurch den Ersatz des Schadens zu sichern od. die Nachtheile künftiger Besitzesstörungen od. Verletzungen abzuwenden. Eine solche weggenommene Sache heißt ein Pfand. Das Recht zur P. findet sich schon in den ältesten deutschen Rechtsquellen anerkannt u. erscheint hier als eine die richterliche Gewalt ergänzende Befugniß des Grundstückinhabers; vgl. Gewere. Die neuere Jurisprudenz hat dem Pfändungsrecht außerdem den ihm ursprünglich ganz fremden Charakter einer Besitzvertheidigung beigelegt. Bei Ausübung des Pfändungsrechtes wird immer vorausgesetzt, daß die Handlungen, wegen deren die P. stattfindet, wirklich unbefugte waren; andernfalls kann dadurch kein Recht erlangt werden, u. der Pfändende bleibt vielmehr schadensersatzpflichtig. Berechtigt zur Vornahme der P. ist jeder Interessent am Grundstück, welcher entweder durch die Gepfändeten einen Schaden leidet od. durch die störenden Handlungen desselben in seinem Rechte bedroht wird; doch kann die P. sowohl durch den Berechtigten selbst, als auch durch seine Dienstleute u. die sonst zur Feldhütung angestellten Personen geschehen. Der Pfändungsact soll nur auf frischer That, so lange der Beschädiger od. das schädliche Thier sich noch innerhalb der Grenzen des Grundstücks befindet, ohne Gewaltthätigkeiten, mit möglichster Schonung, daher nur mit Entziehung so vieler Pfandobjecte, als zur Sicherung der muthmaßlichen Entschädigungssumme u. Kosten erforderlich sind, doch so, daß der ertappte Störer auch verfolgt werden kann, ausgeübt werden. Gehörten die abgepfändeten Gegenstände nicht dem Gepfändeten selbst, so hat der Pfändende die Verpflichtung, dem Eigenthümer sofort Anzeige zu machen. Manche Particularrechte verlangen sogar alsbaldige Anzeige u. Ablieferung der gepfändeten Objecte an das nächste Gericht. Die rechtlichen Vortheile der rechtmäßigen P. beruhen für den Pfändenden zunächst in Erhaltung des Besitzes od. Quasibesitzes, in der Begründung einer rechtlichen Vermuthung für die stattgehabte Schadenszufügung, so daß diese nicht mehr, sondern nur noch der Umfang u. die Größe des Schadens vom Pfändenden zu beweisen ist, endlich in dem Rechte, das Pfand so lange zurückzubehalten, bis wegen des Schadens u. etwaiger Kosten, z.B. für Fütterung des abgepfändeten Thieres, Befriedigung od. genügende Sicherheit geleistet worden ist, u. bei längerer Verzögerung dieser Leistungen dasselbe nach den über den Verkauf von Pfandgegenständen geltenden Grundsätzen zu detrahiren. Als ein Nebenanspruch ist dem Pfändenden nach Particularrechten wohl auch der Anspruch auf ein Pfandgeld gegeben, d.i. eine bestimmte Summe, welche bald als besondere Privatstrafe, bald als Vergeltung der zur P. aufgewendeten Mühe, bald als Zeichen des fortgesetzten Besitzes aufgefaßt wird; 2) so v.w. Auspfändung, die Wegnahme einer Sache durch den Richter zum Zwecke der Execution; 3) bei der Verzimmerung eines Schachtes der Länge nach gelegte Pfähle, um neue Joche legen zu können.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 935.
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