Sabini

[646] Sabini, Volk in Mittelitalien, welches sich durch seine Colonien (s. Sabelli) weit u. selbst bis nach Unteritalien verbreitete; das Land der eigentlichen S., von den Griechen Sabīna genannt, lag zwischen Latium, Etrurien, Umbrien, Picenum u. dem Marserlande; durchzogen von einem Theil des Apennin, dem Sabinergebirg, zu dessen Asten die Montes Gurgures, der Fiscellus, Taburnus, Lucretilis u. der Mons sacer gehörten; Flüsse, bes. der Tiber, mit den Nebenflüssen Nar, Tolenus, Fabaris, Anio, Allaria, Digentia u.m.a.; Seen: Fucinus, Cutilia, Velinus, Lacus Ampsancti. Als ein Gebirgsland war es mehr zur Viehzucht, als zum Ackerbau geeignet, gleichwohl aber fruchtbar; von den Producten sind bes. auszuzeichnen Schafe, Maulthiere, eßbare Schnecken, Wein, Ol, Bauholz, bes. Eichen, die Sabina herba, ein cypressenartiger Strauch, dessen Blätter u. dazu Räucherungen dienten. Die Städte des Landes, durch welches sich die Via Salaria von Südwesten nach Nordosten hinzog, waren: Amiternum, Reate, Cures, Nursia, Testrina, Falacrine, Interocreum, Cutiliä, Foruli, Palatium, Casperia, Eretum, Nomentum, Tribula, Suna, Corsula, Issa, Maruvium, Vatia, Lista, Regillum. Die S. waren nach der Sage Abkömmlinge von Lacedämoniern, nach And. Autochthonen, genannt von Sabinus, ihrem ältesten Fürsten u. Sohn des Gottes Sancus; eigentlich gehören sie mit den stammverwandten Umbrern zu der Pelasgisch-griechischen Gruppe des Indisch-Germanischen Volksstammes (s.u. Italien S. 106), u. ihre Sprache bildete mit der Latinischen die beiden Aste der alten Italischen Sprachen (s.d. 2); aus ihr werden noch einzelne Wörter von römischen Grammatikern angeführt. Die S. werden als sehr religiös gerühmt, u. ihr Religionswesen soll durch Numa Pompilius nach Rom verpflanzt worden, namentlich Feronia, Minerva, Dius Fidius, die Novensiles sabinische Gottheiten u. die Auguraldisciplin sabinischen Ursprungs gewesen sein, wenigstens waren noch spät in Rom die sabinischen Wahrsagerinnen bekannt. Es sollen bei ihnen Menschenopfer, bes. dem Kriegsgotte Mamers gebracht, üblich gewesen sein, u. daher leitet man die Sitte des Ver sacrum, nämlich daß bei großen Gefahren alles Lebendige, was in dem nächsten Frühling geboren wurde, als Opfer gelobt war, auch Kinder, diese wären aber nach mals nicht wirklich geopfert, sondern, erwachsen, mit verhülltem Haupte auf die Grenze geführt worden u. von da ausgezogen, um sich ein neues Vaterland zu suchen. Daher sollen die Auswanderungen der S. gekommen sein, durch welche die Völkerschaften der Sabeller (s.d.) entstanden. Die S. waren von einfachen Sitten, genügsam, für wissenschaftliche Bildung unempfänglich; sehr freiheitsliebend hatten sie eine demokratische Verfassung u. wählten nur im Kriege einen Befehlshaber (Embratur), welchem sie gehorchten. Ein Theil des Volkes hatte sich schon früh, nach der Sage in Folge des Raubes ihrer Weiber u. Töchter durch die Römer (Raub der Sabinerinnen), unter T. Tatius auf dem Quirinalis bei Rom angesiedelt u. war mit den Römern zu dem Volke der Quiriten verschmolzen (s. Rom S. 274). Die in ihren Bergen geblichenen S. kamen[646] bald in Streik mit Rom, wegen Beeinträchtigung römischer Kaufleute im Sabinerlande führte schon Tullus Hostilius 652 v. Chr. einen Krieg mit ihnen, in welchem sie bei der Malitiosa silva den Römern unterlagen. 504 wanderte Atta Clausus, weil er nicht zu dem Kriege mit Rom stimmen wollte, aus dem Sabinerlande aus u. in rötmisches Gebiet, worauf die Consuln P. Valerius u. T. Lucretius in das Gebiet der S. einfielen, dasselbe verwüsteten u. sie selbst besiegten. Gleiches Schicksal hatten sie noch öfter, so 494,475 u. 458, wo sie verwüstend bis vor die Thore Roms gedrungen waren. Einen schweren Stand hatten die Römer in dem 450 wieder ausgebrochenen Kriege mit den Sabinern, u. erst nach mehren Niederlagen gelang es ihnen unter M. Horatius 448 ihrer Herr zu werden. Von da an ruhten die Waffen, u. als 290 v. Chr. die S. den Krieg wieder anfingen, wurden sie von M' Curius Dentatus den Römern unterwor sen u. erhielten das Bürgerrecht sine suffragio. Vgl. Corsiniani, Sabina sacra e profana, Rom 1790; Guattani, Monumenti sabini, ebd. 1827, 3 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 646-647.
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