Sade

[742] Sade, 1) Laura de S., geb. 1308 (1307) in Avignon, Tochter Audiberts de Noves (daher auch Laura de Noves), heirathete nach dessen Tode 1325 Fouques de S., Sehr schön, erregte sie die Aufmerksamkeit aller Fremden, auch Petrarca sah sie 1326 in der Kirche der Nonnen von Sta. Clara, faßte sogleich die stärkste Leidenschaft zu ihr u. machte sie von nun an zum Gegenstand seiner Lieder. Dennoch erhielt er keine Gunstbezeugung von ihr u. nie sah sie ihn in ihrem Hause. 1334 zog sich Petrarca, nachdem ihm ein Mädchen ein Kind geboren hatte, beschämt von Avignon nach Vaucluse zurück. Simon von Siena malte 1339 Laura, welches Bild Petrarca besaß. Als Petrarca, mit dem Lorbeer auf[742] dem Capitol gekrönt, 1342 nach Avignon zurückkehrte, empfing Laura ihn gütiger. Doch hatten Muttersorgen u. andere Stürme des Lebens (sie hatte 11 Kinder geboren, von denen die älteren Töchter ihr vielen Kummer bereiteten, u. hatte selbst von den Launen ihres Mannes viel zu leiden) ihre Schönheit zerstört. Sie st. 1348 während Petrarca's Abwesenheit in Verona; ihr Grab in der Kirche des Franciscanerklosters wurde 1533 geöffnet; darin fand man eine bleierne Büchse mit einem Sonett mit Petrarca's Unterschrift. Das Kloster wurde in der Revolution zerstört, jetzt ist ein Hospital dort u. auf die Stelle des Grabes der Laura hat der Engländer Charles Kelsall 1823 einen neuen Grabstein legen u. ein Kreuz darauf stellen lassen. 2) S., Abbé von Ébreuil, aus der Familie der Laura, er st. 1780 u. schr. die die Kirchen- u. Gelehrtengeschichte des 16. Jahrh. erläuternden Mémoires pour la vie de F. Petrarque, Amst. 1764–67, 3. Bd. (deutsch Lemgo 1774–77, 3. Bd.). 3) Donatien Alphonse François, Marquis de S., geb. 1740 in Paris, wurde 1755 Offizier, kehrte 1766 als Capitän aus dem Siebenjährigen Kriege zurück u. lebte nun sehr ausschweifend. Deshalb wurde er 1767 auf ein Jahr exilirt; 1768 kehrte er nach Paris zurück, seine Ausschweifungen jedoch verwickelten ihn in einen Proceß, welcher aber niedergeschlagen wurde, weil sich S., nach dem Urtheil, eines Verbrechens schuldig gemacht hatte, für welches kein Gesetz existire. 1772 wurde S. wegen Vergiftung u. Sodomie zum Tode verurtheilt u. flüchtete; nachdem er in der Schweiz u. Italien umhergestreift hatte, kehrte er nach Frankreich zurück, wurde aber 1777 in Paris festgenommen u. eingesperrt. Dort schrieb er seine scandaleufen Romane. Die Revolution befreite ihn, u. als wüthender Jacobiner wurde er 1790 Sectionssecretär. Weil er seine Schwiegermutter rettete, kam er aufs Neue ins Gefängniß u. erhielt erst nach dem 9. Thermidor seine Freiheit wieder; aber schon 1801 ließ ihn Bonaparte als wahnsinnig in Charenton einsperren; er starb daselbst 2. Decbr. 1814. Er schr. die obscönen Romane: Aline et Valcourt, Par. 1795; Justine, ebd. 1797; Juliette, ebd. 1798. Vgl. Janin, Le Marquis de S. (deutsch Lpz. 1835). 4) Louis Marie de S., Sohn des Vor., geb. 1767 in Paris, gest. 1809; er schr.: Histoire de la nation française, Par. 1805. 5) François Xavier Josephe David, Marquis de S., Bruder des Vor., geb. 1777 in Aix, war 1828, 1830 u. 1831 Mitglied der französischen Deputirtenkammer, wo er mit den Liberalen stimmte, u. st. 1845.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 742-743.
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