Schmerling [2]

[319] Schmerling, Anton von S., einer aus Kärnten stammenden Familie entsprossen, geb. 23. Aug. 1805 in Wien, studirte die Rechte, trat 1829 in den Staatsdienst u. wurde 1842 niederösterreichischer Landrath u. 1846 Appellationsrath; als ihn 1847 die Stände zum Abgeordneten des Ritterstandes wählten, verließ er, um als solcher ganz unabhängig wirken zu können, den Staatsdienst, trat als Führer der Opposition auf u. entwarf für den im Frühjahr 1848 zusammentretenden Landtag eine Denkschrift gegen die Censur u. für Einführung der Preßfreiheit. Nach dem Ausbruch der Revolution am 13. März trug er persönlich dem Kaiser die Wünsche des Volkes vor, wurde wenige Tage nachher zum Generaladjutanten des Obercommandanten der Wiener Nationalgarde ernannt u. zu Anfang April als Vertrauensmann u. zweiter Bundestagsgesandter dem Siebenzehnerausschuß beigegeben. Als Graf Colloredo seine Stelle als Präsidialgesandter beim Bundestage niederlegte, wurde S. sein Nachfolger, bald darauf Abgeordneter der Stadt Wien bei der deutschen Nationalversammlung u. am 14. Juli Reichsminister des Innern u. bis zum 9. August auch der Auswärtigen Angelegenheiten. In Folge des von der deutschen Nationalversammlung am 5. Sept. 1848 gefaßten Beschlusses bezüglich des Malmöer Waffenstillstandes legte er mit den übrigen Reichsministern seine Stelle nieder (s. Deutschland S. 75), trat aber nach der blutigen Katastrophe zu Frankfurt am 18. u. 19. Sept. wieder ein, bis er Mitte Dec. von Neuem seine Entlassung gab. Er kehrte in Folge der Abberufung der österreichischen Abgeordneten, im April 1849, nach Wien zurück u. übernahm hier am 28. Juli 1849 das Portefeuille der Justiz; nachdem er im Jan. 1851 dasselbe wieder abgegeben hatte, weil er die Aufhebung der Reichsverfassung vom 4. März 1849 nicht billigte, nahm er die früher innegehabte Stellung als Verordneter der niederösterreichischen Landstände wieder an, wurde bald darauf Senatspräsident, 1858 Präsident des Oberlandesgerichts von Österreich ob u. unter der Enns in Wien u. erhielt, nach Einführung der Verfassung, am 13. December 1860 das Staatsministerium (Ministerium des Innern u. Cultus), s. Österreich S. 471.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 319.
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