Opposition

[320] Opposition (v. lat.), 1) Gegensatz; 2) Stand eines Planeten, indem er in seiner Bahn so zu stehen kommt, daß die Erde zwischen ihm u. der Sonne ist. Er geht dann zu Mitternacht durch den Meridian. Nur obere Planeten u. der Mond können in O. stehen. Letzter ist jederzeit als Vollmond in O. Auch bei andern Trabanten ist dies in Bezug auf ihre Planeten der Fall. Auch können Planeten unter sich in Bezug auf die Erde in O. stehen, wenn diese zwischen beiden sich befindet; 3) der Gegenschein zweier Planeten, d.h. das scheinbare gerade Einandergegenüberstehen zweier Planeten, s.u. Aspecten 4); 4) der Widerstand, welcher bei Besprechung der öffentlichen Angelegenheiten in der Presse u. in den parlamentarischen Verhandlungen den Ansichten der Regierung u. den von ihren Organen aufgestellten Tendenzen, Meinungsäußerungen, Anträgen u. Gesetzesvorschlägen entgegengestellt wird. Bei der Verschiedenheit der Ansichten, welche über den Werth der öffentlichen Einrichtungen, die zweckmäßigste Form u. Gestaltung derselben herrschen, ist es eine Nothwendigkeit, daß eine gewisse O. überall hervortritt, wo die Besprechung der öffentlichen Angelegenheiten gestattet ist, u. daß sie nur da ganz fehlen wird, wo das Staatsleben von dem Willen eines einzigen Autokraten beherrscht wird u. die Masse der Unterthanen gewohnt ist, diesen Willen in stiller Unterwürfigkeit als ein unbeugsames Gesetz anzuerkennen. Die O. ist von den größten Staatsmännern als ein nicht unerwünschtes Mittel gegen eine verderbliche Stagnation des politischen Lebens angesehen worden, so sprach Fox es geradezu im englischen Parlamente aus, daß er sich eine O. kaufen würde, wenn sie nicht bestände. Um indessen in solcher Weise wohlthätig zu wirken, darf die O. nicht durch die bloße Parteisucht u. ebensowenig durch persönliche Rücksichten, Zuneigungen u. Antipathien hervorgerufen sein; sie muß in echt patriotischer Weise ebenso das Wohl des Ganzen im Auge haben, als sie ohne besondere Beweise des Gegentheils die wohlmeinende Absicht der Regierung nicht verkennen darf. Verwerflich erscheint daher die systematische O., insofern man darunter jene Art des Widerstandes versteht, welche, um die Regierung nach dem einmal eingeschlagenen Gang der Dinge unmöglich zu machen, sich gegen alle u. jede von derselben ausgehenden Maßregeln wendet, selbst wenn dieselben an sich zweckmäßig sind, ein Verfahren, welches nur dazu führen kann, die ganze Staatsordnung zu untergraben u. allmälig über den Haufen zu stürzen. Ebenso darf die O. nie die Grenzen des Erlaubten überschreiten u. daher zur Verfolgung ihres Strebens sich stets nur solcher Wege bedienen, wie sie die Verfassung des Staates gestattet. Hierdurch erklärt sich zugleich, daß der Charakter der O. ein wesentlich verschiedener ist, je nachdem sie in einem absoluten od. in einem solchen Staate geübt wird, in welchem constitutionelle Freiheiten bestehen. In einem Staate der ersteren Art kann die O. sich immer nur als etwas Geduldetes darstellen u. muß daher, um wirksam zu bleiben, innerhalb des Kreises politischer Anschauungen bleiben, in welchem die Regierung sich abschließt. Hierin liegen aber zugleich für die Regierung nicht gering Gefahren. Denn einestheils bleibt die Regierung dann sehr oft über die eigentlichen Wünsche der Unterthanen im Unklaren, hält die von ihr befolgten, nicht angefochtenen Maximen für unfehlbar u. wird dadurch leicht auf falsche Bahnen gelenkt, deren Verderblichkeit sich dann erst bei einereinbrechenden Katastrophe kund thut; anderntheils zieht sich die O. ins Dunkle zurück u. nimmt einen verbitterten u. verbissenen Charakter an u. verliert sich so in wahrhaft revolutionären Ideen. Dieselben Gefahren können zwar auch im constitutionellen Staate entstehen, allein sie werden hier dadurch gemildert, daß die Regierung weit mehr Mittel in der Hand hat, der ungerechtfertigten O. wirksam zu begegnen, während eine wirklich gerechtfertigte O. in legaler Weise zur Geltung gelangen könne. Eine Regierung im constitutionellen Staatsleben kann sich nicht halten, wenn ihr eine starke u. feste O. entgegensteht; diese Erfahrung würde aber die O. wieder gegen sich selbst gelten lassen müssen, wenn es ihr gelingen sollte, zur Herrschaft in der Regierung zu gelangen, indem dann die bisherigen Freunde der Regierung die O. bilden würden. Hierdurch gleichen geh bei einem ausgebildeten parlamentarischen Leben, in welchem wirkliche politische Capacitäten die Stimme führen, die Gefahren der O. meist aus; sie treten nur da stärker hervor, wo entweder das parlamentarische Leben noch unentwickelt, od. wo unter der Ungunst äußerer Einflüsse die Volksmoral überhaupt gesunken ist u. die O. zu einem, nur persönlichen Interessen dienenden Parteitreiben mißbraucht wird, Am ausgebildetsten erscheint die O. ihrer inneren Organisation nach im englischen Parlamente. Die O. kann in dieser Beziehung entweder generell, speciell od. individuell werden. Generell ist sie, wenn sie gleichsam eine compacte Masse bildet, welche von einer Mehrzahl bedeutender Staatsmänner geführt u. geleitet wird, welche die ministeriellen Ansichten nach einem festen, politischen od. volkswirthschaftlichen System von einem gemeinschaftlich angenommenen Standpunkt aus (Programm) bekämpfen. Solche abgeschlossene politische Systeme vertreten im englischen Parlamente die Whigs u. Tories, jene der kräftigen Entwickelung der Volksrechte,[320] diese mehr der Aufrechterhaltung des geschichtlichen Rechts der britischen Aristokratie zugeneigt, in anderer Beziehung auch die Freihändler u. Schutzzöllner etc. Speciell wird die O., wenn sie durch ein Zusammenwirken verschiedener kleinerer Parteien u. Fractionen gebildet wird. Eine solche O. zeigt immer von unentwickelten od. verbildeten Zuständen, wie sie z.B. in Frankreich unter der Julidynastie bestanden, unter welcher die Kammern die verschiedensten Parteiungen bildeten, u. die O. meist nur durch den gemeinsamen Wunsch, das Ministerium zu stürzen, gebildet wurde, während die Ansichten darüber, welches System an Stelle des ministeriellen zu setzen sei, dabei oft diametral aus einander gingen. Die individuelle O. beschränkt sich auf eine bedeutende Persönlichkeit, welche für sich allein eine Partei bildet (wie z.B. Mirabeau in der ersten französischen Nationalversammlung, B. Constant, Chateaubriand) u., ohne darauf Anspruch zu machen, die Volksmeinung od. einen Theil derselben zu vertreten, seine eigene Ansicht zur Geltung zu bringen sucht. Daher Oppositionsblatt, in Staaten mit repräsentativer Verfassung ein öffentliches Blatt, welches zur Tendenz hat, die Oppositionspartei u. deren Maßregeln zu vertheidigen u. zu unterstützen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 320-321.
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