Spieluhr

[551] Spieluhr, Uhr, welche ein od. mehre musikalische Stücke spielt. Man hat davon drei Hauptarten: Harfen-, Flöten- u. Glockenspieluhren. a) Harfenuhren, sind am häufigsten große Wanduhren u. haben außer dem eigentlichen Uhrwerke ein besonderes Gehwerk (Spielwerk), welches durch ein besonderes Gewicht in Bewegung gesetzt wird. Dieses Spielwerk setzt eine Walze (Spielwalze) in Bewegung; dieselbe ist ungefähr 11 Zoll lang u. 6 Zoll im Durchmesser, von Holz u. von Messingblech; aus ihr stehen kleine Metallstifte hervor, welche bei der Umdrehung der Walze kleine Hämmer heben, indem sie die an den Hammerschwänzen befindlichen krummen Spitzen (Tangenten) niederdrücken; ist der Hammer gehoben, so wird er durch eine Feder gegen die zu ihm gehörende Saite einer Harfe angeschlagen. Alle Stifte, welche denselben Hammer heben, stehen in einem, um die Walze herumlaufenden Kreise; außerdem werden auf der Walze der Länge nach so viel Parallellinien gezogen, als das Musikstück Takte hat, so daß die Stifte für die in den einzelnen Takten anzuschlagenden Töne gehörig auf den erwähnten Kreisen eingeschlagen werden können. Ein an dem Gehwerke angebrachter Windfang erhält das Musikstück in einem gleichmäßigen Tempo, welches schneller od. langsamer ist, je nachdem man die Flügel des Windfanges steiler od. schräger gegen ihre Achse stellt. Eine Abwechselung zwischen Forte u. Piano bewirkt der aus einem Drahttuche bestehende Zug od. Lantengzug, welcher von besonderen Stiften auf der Wurze mittelst eines Armes gegen die Harfe gedrückt werden kann. Soll eine S. mehre Stücken spielen, so müssen auf der Spielwalze für jeden Hammer mehre Kreise mit Stiften vorhanden sein, wovon aber nur die Stifte des Kreises den Hammer sassen, welche gerade vor denselben gerückt sind, während die Stifte der übrigen Kreise neben demselben hinweggehen. Die Walze läßt sich dann in ihren Zapfenlagern verschieben u. wird bisweilen von der Uhr selbst zu verschiedenen Stunden verschoben, u. dann spielt die Uhr zu verschiedenen Stunden verschiedene Stücke; die hierzu nöthigen Theile bilden die Verschiebung. Eine Auslösung, ähnlich der bei einem Schlagwerk, läßt das Spielwerk zur rechten Zeit in Gang kommen, u. mittelst einer Vorkehrung wie bei einer Repitiruhr kann man auch das Spielwerk zu beliebiger Zeit in Gang setzen. b) Die Flötenuhren sind zusammengesetzter; das Flötenwerk enthält hölzerne Pfeifen auf einer kleinen Windlade, welcher die durch das Gehwerk in Bewegung gesetzten Blasebälge Wind zuführen. Die Stifte der Spielwalze berühren auch Tangenten, an welchen sich ein Stecher befindet, d.i. ein messingener Draht, welcher, wenn er niedergedrückt wird, das Ventil in der Windlade öffnet. Soll die Pfeife nach Erforderniß des Musikstückes den Ton nicht blos angeben, sondern auch aushalten, so ist auf der Spielwalze anstatt eines Stiftes ein Haken od. Krampen eingeschlagen, dessen Länge der gewünschten Zeitdauer des hervorzubringenden Tones entspricht. c) Einfacher sind die Glockenspieluhren. Die Glockenspiele sind auf eine eiserne Stange festgeschraubt u. werden von Hämmern geschlagen. Ist solch ein Glockenspiel mit einer Thurmuhr verbunden, so hängen die Glocken über der Uhr um den Thurm herum u. werden daselbst vermöge einer Wendestange in Bewegung gesetzt. Die Spielwelle bekommt da einen Durchmesser von ungefähr 5 Fuß. Soll ein Spielwerk an einer kleineren Uhr angebracht werden, so kann es nicht durch Gewichte, sondern durch eine Feder (Spielfeder) in Bewegung gesetzt werden. d) In neuerer Zeit hat man viel solche Kunstwerke gefertigt, bei welchen die Töne durch das Anschlagen federnder Stahlplatten von verschiedener Dicke u. Größe hervorgebracht werden. Solche Werke nehmen einen sehr kleinen Raum ein; man hat sie z.B. in Taschenuhren, in Petschaften (Spielpetschafte) in Dosen von der Größe einer mittleren Schnupftabaksdose (Spieldosen) od. in Kasten (Spielkasten), ungefähr 10 Zoll lang, 2 Zoll breit u. hoch. In einem solchen Kasten kann eine Welle angebracht werden, welche 10 bis 12 Stücken spielt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 551.
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