Urbarmachung

[279] Urbarmachung, diejenige Zubereitung des Bodens, wodurch ein theils ganz unfruchtbares, theils weniger ertragfähiges, theils bisher zum Acker- u. Wiesenbau nicht benutztes Grundstück in einen zum Anbau von Feldgewächsen od. zum Wiesenbau tauglichen Zustand versetzt wird (Urbares Land). Bei dem Verfahren, welches dabei beobachtet werden muß, kommt es darauf an, von welcher Beschaffenheit der Boden ist u. wozu das unbebaute Land zeither benutzt wurde. Bei Waldboden ist nach Abtreibung des Oberholzes eine sorgfältige Ausrodung der Wurzeln, bes. vom Laubholze, nöthig. Dieses Durcharbeiten des Grundes macht das Land bei einigermaßen guter Beschaffenheit sogleich geschickt, um mit Getreide od. noch besser mit Kartoffeln bestellt zu werden. Bei einem mit Dornen od. geringem Buschholze bewachsenen Boden wird dieses ganz nahe an der Erde od. einige Zolle unter der Erde abgehauen; benutzt man nun dieses Land 3 Jahre lang als Wiese, so vergehen meist die jungen Sprößlinge u. Wurzeln, u. alsdann kann man die Wiese umreißen u. mit Kartoffeln od. Getreide bestellen. Am häufigsten werden Lehden, Haiden od. Gemeindeanger urbar gemacht. Der Nasen wird im Herbste flach umgerissen, auch wohl mit der schweren Egge u. Walze überzogen. Vertiefungen, welche der Pflug nicht ergriffen hat, werden mit dem Spaten nachgebessert. Wenn im Frühjahre der Rasen wieder treibt od. neue Wurzeln schlägt, wird das Land in derselben Richtung u. etwas tiefer umgeackert. Nach einiger Zeit wird zum dritten Male, u. zwar ins Kreuz geackert, dann der Boden mit der kleinen Egge gehörig bearbeitet, endlich im Herbste zur Wintersaat geackert. Sollte der Boden noch nicht die gehörige Gare haben, so läßt man ihn bis zum Frühjahre liegen u. bestellt ihn dann mit Hülsen- od. Hackfrüchten. Manche ackern die Rasennarbe nur einmal im Frühjahre, aber etwas tief um u. säen sogleich Hafer, Lein od. in trocknem Boden Hirse darauf; Andere schälen den Rasen ab u. schränken denselben, mit Stallmist od. Kalt vermischt, in Haufen; der daraus entstehende Compost wird auf dem mehrmals gepflügten Acker mit der Saat untergepflügt; noch Andere brennen die Grasnarbe ab. Durch Halbackern od. Balkenstreifen wird hierbei wechselsweise ein Streif Rasen abgeschält u. dieser durch mehrmaliges Eggen so bearbeitet, daß die Wurzeln ganz von der Erde befreit werden. Alsdann schält man die dazwischen liegenden Rasenstreifen ab u. behandelt sie eben so. Das trockne Wurzelwerk wird in Kämme u. Haufen zusammen gerecht u. angebrannt u. die Asche dann gleichmäßig vertheilt. Wenn ein Neubruch viel unzerstörte vegetabilische Theile enthält, so ist Kalk in reichem Maße aufgestreut ein vorzügliches Düngungsmittel, wodurch zugleich die etwa in dem Boden befindliche Säure entfernt wird. Moorboden muß erst durch Abzugskanäle trocken gelegt werden. Dann kann das Land als Wiese benutzt od. auch wie Lehde in Ackerland verwandelt werden. Über das Urbarmachen sandiger Strecken s. Sandschollen. Zur U. kann man auch die Entwässerung nasser Grundstücke rechnen (s. Entwässerung u. Drainirung).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 279.
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