Eiche

1. Aus alten Eichen lässt sich viel Holz schlagen.


2. Die Eichen fangen an zu tanzen (schwärmen, rasen). (Altgriech.)

Wenn jemand in Bewegung geräth, der nicht leicht von etwas ergriffen und erregt wird. Von der Mythe, nach der Orpheus mit seiner Zither Eichen bewegte.


3. Die grosse Eiche trägt kleine Früchte.

Die Russen sagen: Eine grosse Eiche, aber leer. (Reinsberg IV, 150.)

Holl.: De geweldige eiken van Bazan dragen vrucht voor de zwijnen. (Harrebomée, I, 179.)


4. Eiche und Fichte sind nicht von gleichem Gewichte.

Dän.: Æg og fyr lader sig ei vel sammenlime. (Prov. dan., 135.)


5. Eichen müssen dem Sturme weichen, aber das Rohr biegt sich und kommt wieder empor.

Holl.: De trotsche eikenboomen ziet men scheuren, een nederig rietje ontgaat het met buigen. (Harrebomée, I, 179.)

6. Ein eych so von einem streych nit fellt, die felt von vilen.Franck, I, 12a; Petri, II, 175.


7. Eine Eiche fällt nicht von einem Schlage, sagte der Specht, als er getippt einige Tage.

Holl.: Geen eikenboom viel van éénen slag, zei de specht, en hij pikte daarin. (Harrebomée, I, 179.)


8. Eine Eiche wächst langsam, hält aber manchen Sturm aus.


9. Eine gute Eiche wächst durch alles Gestrüpp.

Der grosse Geist weiss Hindernisse zu überwinden.


10. Eken, Böken, Barken sünt der Minsken Warken. (Ostfries.) – Bueren, 442.


11. Es felt kein eych von einem streych.Franck, II, 58b; Henisch, 820; Eyering, I, 666; Gruter, I, 30; Körte, 1021; Eiselein, 137; Petri, II, 244; Reinsberg III, 51; für Waldeck: Curtze, 337, 285b; für Eifel: Schmitz, 183, 10.

Frz.: D'un seul coup ne s'abat un chêne. (Gaal, 338.)

Holl.: Den boom en valt niet ten eersten slaghe. (Tunn., 6, 21.)

It.: Non s'abatte la quercia al primo colpo. (Gaal, 338.)

Lat.: Arbor per primum quaevis non corruit ictum. (Fallersleben, 200.) – Est arbor dura decies ferienda casura.

[763] Span.: De un solo golpe no se derrueca un roble. (Bohn I, 213. Aehnlich portugiesisch bei Bohn I, 261.)

Ung.: A fát se lehet egy csapással levágni. (Gaal, 337.)


12. Es ist keine Eiche so stark, das Beil dringt ihr ins Mark.

Holl.: De bijl velt ook den eikenboom. (Harrebomée, I, 179.)


13. Es ist keine Eiche so stark (hoch), sie hat ihre Wurzeln in der Erde.

Die Letten sagen: Auch die höchste Eiche wächst nicht über ihren Gipfel hinaus. (Reinsberg II, 73.)


14. Für Eichen schafft Gott nur Maiwürmer, für Rosen aber Goldkäfer. (Abyssinien.) – Altmann II.


15. Ist die Eiche zerbrochen, sammelt jeder von ihren Knochen.


16. Leege sick enner gippen enne Eike, öff sei ümme fällt, ohne dat hei se hogget.Curtze, 337, 286.

17. Man kann lange an einer Eiche schütteln, eh' sie umfällt.


18. Wenn die Eiche fällt, holt sich jeder Reisig.

Engl.: If my beard is burnt others try to light their pipe at it.


19. Wenn die Eiche Nüsse trägt, so sind es Tintennüsse. (Russ.) – Reinsberg II, 60.

Die Galläpfel heissen nämlich im Russischen Tintennüsse.


20. Wenn die Eiche vor Maitag Blätter treibt, so deutet's auf einen fruchtbaren Sommer und ein gutes Weinjahr. (Luzern.)


21. Wenn eine grosse Eiche fellet, schlegt sie viel kleiner bewmlein mit nider.Petri, II, 651; Henisch, 1063.


22. Wer wird eine Eiche umhauen, um eine Wassersuppe zu kochen.

Die Russen sagen: Einen Eichwald umhauen, um ein Kohlsüpplein zu kochen. (Reinsberg III, 20.)


23. Zu einer harten Eiche muss man scharffe Axt haben.Petri, II, 823.


*24. Die Eiche verachten, weil sie nur Eicheln trägt.

Auf jemand zürnen, weil er so handelt, wie er zufolge seines Charakters, seiner Grundsätze, seiner Natur nur handeln kann.


*25. Mit der Eiche reden. (Altgriech.)

Die Ehrfurcht, welche die Alten vor der Eiche hatten, gab zu dieser sprichwörtlichen Redensart Veranlassung, die soviel bedeutet, als in aller Sicherheit reden.


*26. Sie hat unter der Eiche geschlafen. (Altgriech.)

Bei Priene, einer Stadt in Ionien, stand eine Eiche, bei welcher tausend Priener in einer blutigen Schlacht gegen die Milesier gefallen waren, darum sagten die Priener sprichwörtlich, wenn sie von einer unglücklichen Familie redeten: Sie hat unter der Eiche geschlafen. (Genlis, I, 56.)


[764]

27. Grosse Eichen machen grossen Schatten. Schottmüller, Ms.

Grosse Männer haben hervortretendere Fehler als gewöhnliche Menschen.


28. Wir lagen unter den Eichen, und liessen ein sanftes Adagio streichen.Frischbier, I, 691.


*29. An einer andern Aychen anklopfen müssen.

»Denn wan sie – jre Gugel nicht hette ausgezogen, und Gukkutzer worden wären, so müsste N. an einer andern Aychen anklopfen.« (Birlinger, Alemannia, III, 294.)


*30. Et äs Ener aus er Îch gehan. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 31, 3.

Er ist stark und fest, wie aus einer Eiche gehauen.


*31. Meinst du, ich sei aus einer hohlen Eiche gekrochen?

Ich habe Aeltern und bin von guter Herkunft.


*32. Von der Eiche stammen.Genlis, I, 65.

Ausdauernd und fest sein; auch wol in dem Sinne, wie die Deutschen von hainbuchenen Leuten reden.


*33. Von eychen gefallen.Franck, II, 90b.

Deren Herkunft »finster, niemand weiss, wer sie sind«, so spricht man, sie sind auf einer Eiche gewachsen.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Haffner, Carl

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus ist eine berühmtesten Operetten von Johann Strauß, sie wird regelmäßig an großen internationalen Opernhäusern inszeniert. Der eingängig ironische Ton des Librettos von Carl Haffner hat großen Anteil an dem bis heute währenden Erfolg.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon