Neige

1. Auf der Neige ist nicht gut sparen.Eiselein, 492; Simrock, 7494; Körte, 4524; Braun, I, 3011.

Es ist schwer sparen, wenn etwas zu Ende geht. Im Plattdeutschen: Up de Nêge is ne guot spoaren. (Schlingmann, 1071.)

Engl.: Better spare at the brim, than at the bottom. – Too late, to spare when the bottom is bare. (Gaal, 1429.)

Frz.: C'est bien tard d'épargner, quand tout est dissipé. – Il n'est plus tems d'épargner quand on voit le fond. (Kritzinger, 672b; Masson, 316.)

Lat.: Sera in fundo parsimonia. (Seneca.) (Gaal, 1428; Binder I, 1615; II, 3087; Faselius, 232; Hauer, Liij3; Fischer, 209, 60; Schonheim, S, 15; Seybold, 255; Wiegand, 34.)

Poln.: Nie w czas oszczędzamy, gdy dna dobieramy. (Masson, 316.)

Ung.: Késő a' takarékosság, mikor üres a' szekr ény. (Gaal, 1428.)


2. Die Neige gehört den Gottlosen. (S. Rest.)

Weil sie keinen Anspruch auf Belohnung haben.


3. Die Neige ist für den Frommen.Körte, 4573; Simrock, 7497.

Weil der Geduldige mit allem fürlieb nimmt.


4. Erst de Nêge, dann de Wêge. (Holst.) – Schütze, III, 140.

Beim Trinken des Restes aus der Flasche.


5. Nêgel1 mass man aufessen, dass2 es hêmlich3 bleibt. (Schles.)

1) Neigel, kleine Neigen.

2) Damit.

3) Heimlich = schön Wetter.


6. Was auf die Neige geht, wird gern sauer.Eiselein, 492; Simrock, 7495; Körte2, 5683; Braun, I, 3013.


7. Wer auf seiner Neige ist, soll die Stunde zum Vortheil anlegen.


8. Wer die Neige aus der Kanne trinken will, dem fällt der Deckel aufs Maul.


9. Wer die Neige austrinkt, bekommt einen Alten (eine Alte) zur Ehe. (Steiermark.)


10. Wer einem die Neige getrunken, muss vom Frischen anheben.Graf, 276, 295.

Wer einem andern Schaden zufügt, muss den frühern Zustand herstellen oder den Werthunterschied ersetzen. Man hat das Wort auch buchstäblich genommen, sodass, wer die Neige getrunken, vom Frischen anheben musste, um eine neue Neige, wie die frühere war, herzustellen. Man hat den Spruch sogar lateinisch gefasst: Qui bibit in neigos de frischibus incipit ille. (Simrock, 7499.) In einer Verordnung des Fürsten von Lippe im Jahre 1479 heisst es sogar: »Wir gestatten allen unsern Einwohnern und den Fremden frei zu trinken; und wer einem die Neige austrank, soll aus dem frisch gefüllten Bierkruge zu trinken anfangen.« Wer diese Bestimmung übertrat, hatte hundert Schillinge Busse zu zahlen. (Vgl. auch Geschichte des Hochmeisters Siegfried von Feuchtwangen von 1309, ferner: Waissel, Chronik alter Preussischer Historien, Königsberg 1599, S. 108.)


*11. A îs of d'r Näge. (Oesterr.-Schles.) – Peter, 449.

Es geht zu Ende. (S. Kleien.) »Ich seh, 's is bey euch alles goar uf der Nege.« (Keller, 171b; Gomolcke, 980.)

*12. Auf die Neige kommen.Schottel, 1112b.


*13. Et geit mit em up de Nêge. (Holst.) – Schütze, III, 140; hochdeutsch bei Körte2, 5683; Braun, I, 3012.

Er hat bald ausgewirthschaftet, mit seinem Handel oder Geschäft, mit seinem Leben geht's zu Ende. (S. Hund 1577, Loch 79, Matthäi 18 und Messer 107.)

Frz.: Cet homme est bas percé. (Lendroy, 1191.) – Il est à l'extrémité. (Kritzinger, 297b.) – Il est bas. (Kritzinger, 59a.)

Lat.: Ad restim res rediit. – Trium dierum commeatus. (Philippi, II, 224.)

Poln.: Przepadł jak Szwed pod Połtawa. (Masson, 343.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 995.
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