Reise

1. Angefangene Reise ist halb gethan.


2. Auch auf kurzer Reise fährt der Fuhrmann aus dem Gleise.


3. Auf der Reis' ein guter Gefährt ist so gut wie ein Pferd.

Die Araber geben daher den Rath: Erkundige dich vor der Reise nach dem Begleiter und nach dem Nachbar, ehe du das Haus kaufst. (Cahier, 2453.)

Böhm.: Veselý na cestĕ tovařiš za dobrý kočár stojí. (Čelakovsky, 287.)

Engl.: Good company in a journey is worth a coach.

It.: Compagno allegro per cammino ci serve per ronzino. (Masson, 123.)

Lat.: Comes facundus in via pro vehiculo est. (Masson, 121.) – Pacem ne vites, per pacem te quoque dites. (Sutor, 60.)


4. Auf der Reise lernt man seine Gefährten kennen.

Holl.: Als men met iemand veertien dagen op reis is, kan men hem leeren kennen. (Harrebomée, II, 215b.)

5. Auf einer kurzen Reise braucht man nicht viel Gepäck.

Holl.: Voor eene korte reis zal men het schip niet met veel beschuit stouwen. (Harrebomée, II, 216a.)


6. Auf einer langen Reise drückt eine kleine Last.

It.: In lunghi viaggi anch' una paglia pesa. (Pazzaglia, 406, 2; Bohn I, 104.)


7. Auff einer schweren Reiss mag man wol ein X für ein U setzen.Lehmann, 73, 39; Lehmann, II, 31, 56; Petri, III, 1; Simrock, 11952.


8. Der hat eine weite Reise vor, der gehen will bis an der Welt letztes Thor.

Engl.: 'T is a great journey to the world's end. (Bohn II, 145.)


9. Die Reise darf nicht länger sein als der Urlaub.

Holl.: Maak uwe reis even lang als uw tijd. (Harrebomée, II, 216a.)


10. Die Reise ins Meer geht nicht weit, wenn einer auch die grössten Wasserstiefeln anhat. Altmann V, 113.


11. Eine kurze Reise ist bald beendet.

Dän.: Stakket reise er snart endt. (Prov. dan., 529.)

12. Eine lange Reise will eine volle Börse (tiefe Tasche).

Dän.: Til en lang reyse vil en stor mad-pose. (Prov. dan., 407.)


13. Ferne (weite) Reisen, grosse Lügen.

Frz.: De longs voyages, longs mensonges. (Kritzinger, 726b.)

Span.: De luengas vias luengas mentiras. (Cahier, 3753; Bohn 212.)


14. Frühe Reis' macht weis'.

Dän.: Hvo aarle riis (reyser) bliver maget viis. (Prov. dan., 4.)


15. Hastu ein schwer reiss gethan, so schreibe so mehr zerung an.

Lat.: Adscribas plura, quando nimis est uia dura. (Loci comm., 116.)


16. Lange Reis' gift gnurrig Volk, sä' de Kaptain, weer den Dag in See west, harr'n de Katt und de Hund sik vertörnt.Diermissen, 243.


17. Man muss sich vorbereiten auf die grosse Reise.

Holl.: Men moet zich voorzien op de groote reis. (Harrebomée, II, 216a.)


18. Man wünscht manchem eine glückliche Reise, der nicht lebend wiederkehrt.

Die englischen Neger in Surinam sagen, um auszudrücken, dass der Wunsch einer glücklichen Reise nicht vor Gefahren schütze: Eine glückliche Reise ist nicht der Gott des Wanderers. (Wullschlägel.)


[1643] 19. Nach einer bösen Reise thut Ruhe wohl.

Lat.: Dulcior est post pericula fructus. (Seybold, 138.) – Protinus adparet, quae fructum planta datura est. (Gaal, 844.)


20. Nu geit de Reis' lôs, sä de Papegei, do leip de Katt met em tô Boen (Boden).Diermissen, 164; Hoefer, 643b.


21. Viele kommen von Reisen zurück, das Gewissen beschwert, die Gesundheit verzehrt, die Sünden vermehrt, die Sitten verkehrt, das Herz bethört, ein Brocken dem Teufel beschert.Parömiakon, 353.


22. Wenn jemand eine Reise thut, so kann er was erzählen.

Sprichwörtlich gewordene Stelle aus einem Gedicht von Claudius.


23. Wer auf der Reise ist, muss essen, wie er's findet.

Engl.: During the pilgrimage every thing does not suit the tastes of the pilgrim.


24. Wer auf der Reise nichts bei sich hat, reist am sichersten.

Lat.: Tutum carpit inanis iter. (Ovid.) ( Philippi, II, 228.)


25. Wer auf Reisen geht, muss gesunde Beine, gute Augen und einen vollen Beutel mitnehmen.

Böhm.: Na cestu nepospíchej, dříve rozpočitej. – Penĕz a opatrnosti na cestĕ nikdy nezbývá. (Čelakovsky, 287.)


26. Wer auf Reisen geht, soll eine Biene mitnehmen.

D.i. er soll wie die Biene alles sehen und das Beste sich aneignen.

Dän.: Paa reisen skal man være som bien, ei som æderkoppen. (Prov. dan., 472.)


27. Wer auf Reisen ist, muss fort.

Böhm.: Pocestnému cesta nestojí. (Čelakovsky, 287.)


28. Wer auf Reisen ist, muss fort, sagte der Schieferdecker, als er vom Thurm fiel (oder: als er über das Dach herunterfuhr).Frischbier2, 3118.


29. Wer auff Reysen fortkommen will, der muss das Maul zu vnd den Seckel offen haben. Breüning, Orient-Reyss, S. 117.


30. Wer eine weite Reise thun will, muss langsam vorangehen.

Frz.: Qui veut voyager loin, ménage sa monture. (Lendroy, 1028.)


31. Wer up Reisen is, muss vörwarts, sä de Dachdecker, da full he van'n Dack' herünner. Peik, 201, 68.


32. Wer von der Reise zurück ist, der braucht keine Zehrpfennige mehr zu betteln.

Lat.: Exacta via viaticum quaerere. (Faselius, 80.)


33. Wer will auf Reisen gehen, soll erst nach dem Himmel sehen.

Böhm.: Napřed se nebe ptej, potom se v cestu dej. (Čelakovsky, 287.)


*34. Das war die Reise nach Kalwe.Wittgenstein.

Eine unnütze, erfolglose.


*35. Die Reise wird mit ihm fortgehen.Klix, 76.

Er wird sterben.


*36. Dit war en Reis fuar de Prens. (Altfries.) – Hansen, 4.

Das war eine Reise für den Prinzen, nämlich von Oranien, d.h. umsonst. Also in dem Sinne von Arbeiten 68 und Preussen 4.


*37. Ene verlopene Reise kümmt wol mal.Dähnert, 378a.

Man erzürnt sich wol und verträgt sich wieder; man begeht wol einen Fehler und macht ihn wieder gut.


*38. Er hat die grosse Reise vor sich.

Frz.: Il va faire un grand voyage. (Kritzinger, 726b.)


*39. Er hat eine Reise in die andere Welt gemacht.

Frz.: Il est allé faire un tour en l'autre monde. (Kritzinger, 685a.)


*40. Er macht 'ne Reise ins Reich der Fledermäuse.


*41. Glückliche Reise!

Scherzweis, wenn man sieht, dass etwas fällt oder fallen will.

Frz.: Adieu la voiture! (Lendroy, 1561.)


*42. Glückliche Reis' und Wasser i d' Schue. Sutermeister, 23.

Ironische Abfertigung, in welchem Sinne auch folgende a.a.O. sich findende Redensarten gebraucht werden: Lauf so wit me Brod isst! Lauf so wit me [1644] chocht und bacht. Lauf so wit de Himel blô ist. Lauf in aller Söue Name. Spring alle Söue noh, so frisst di kein Jud. Lauf nume zue, der Schinger het et Hut nöthig.


*43. He mäkt en Reis en et Piereland. (Meurs.) – Firmenich, I, 407, 398.

Ins Reich der Würmer, d.i. er stirbt.


*44. Sich zur letzten Reise rüsten.

Sich auf den Tod vorbereiten.

Holl.: Die zijn laatste reize doet, komt waar hij steeds blijven moet. (Harrebomée, II, 215b.)


[1645]

45. Auf langer Reise wird auch ein Strohhalm schwer.

It.: In lungo viaggio anco una paglia pesa. (Giani, 1738.)


46. Das ist eine harte Reis', wenn man den Weg nicht weiss.Hertz, 73.

Auf einer Todtenbahre.


47. Ich schicke bei bevorstehenden Reisen die wichtigsten Sachen immer voraus, sagte jener weise Mann, als er im Alter blind und taub geworden war.


48. Man kann sich auf der Reise nicht jede Mücke vom Leibe halten. (Rheinpfalz.)


49. Mer soll sich uf de Reise nischt mitnehmen, was man unterwegs bekommen kann, sagte Schmul, als man ihn fragte, warum er seine Frau nicht bei sich habe.


50. Von Reisen kommt man schlimmer, aber nicht frümmer.


51. Was man auf der Reise bekommt, muss man nicht von zu Hause mitnehmen.

Man soll sich nicht mit überflüssigen Dingen auf der Reise belasten.


52. Wer will auf Reisen gehn, soll sich gut mit Wein (Geld) versehn.

It.: Non ti mettere in cammino, se la bocca non sa di vino. (Giani, 272.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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