Brühl

[332] Brühl (Heinr. Graf von), Minister August III., Königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen, geb. 1700 in Ganglof-Sömmern bei Weißensee in Thüringen, dem Stammhause der Brühl'schen Familie. Sein unbemittelter Vater war Geheimrath des Herzogs von Weißenfels, an dessen Hofe B. Page wurde und später in den Dienst des Königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen, August II., überging, der ihn zu seinem Leibpagen, und da sich B. durch ein angenehmes Wesen beliebt zu machen wußte, bald darauf zu seinem Kammerherrn ernannte. B. bekleidete schon einige wichtige Ämter, als August II. 1733 in Warschau starb, und hatte jetzt nichts Eiligeres zu thun, als mit der zufällig seiner Obhut anvertrauten poln. Krone und mit den Reichskleinodien nach Dresden zu August III. zu eilen, der auch König von Polen wurde und dem gewandten B. seine ganze Gunst schenkte. Er ernannte ihn sogleich zum Kammerpräsidenten und Minister des Innern und nachdem B. den damaligen Günstling des Königs, den poln. Graf Sulkowski, verdrängt hatte, wurde er 1748 erster Minister und besaß nun bis an des Königs Tod allein das Vertrauen desselben. August III. war gern zufrieden, daß ihm Jemand die Last der Regierung abnahm, der zugleich allen seinen Launen schmeichelte, wie B., der den König nur mit Personen umgab, die er selbst ausgewählt hatte, was sogar mit den kön. Lakaien geschah. B. war seinem Herrn in allen Dingen so ergeben, daß er auch dessen unbillige Wünsche auf Kosten des Landes in Erfüllung zu bringen suchte und namentlich für die kön. Kasse so sorgte, daß er auf August III. häufige Frage: »B., habe ich Geld?« zwar stets mit »ja, Sire« antworten konnte, allein dabei das Land in Schulden stürzte und das Heer so vernachlässigte, daß bei dem Ausbruche des siebenjährigen Krieges Sachsen sogleich die Beute der Preußen wurde und der König mit B. nach Polen flüchten mußte. Nicht blos die Hoffeste kosteten ungeheure Summen, sondern auch die prächtige Haushaltung, welche nach des Königs Wunsche B. führte, dessen Tafel für gewöhnlich mit 30 Schüsseln besetzt war; hatte er Gäste, so trug man 50 und war größere Gesellschaft da, 80–100 Gerichte auf Mehr als 200 Personen waren in seinem Dienste; er besaß eine Leibwache, die besser als die kön. bezahlt wurde und eine so zahlreiche Garderobe, daß, als im siebenjährigen Kriege die Preußen nach Dresden kamen, sie in seinem Palaste noch 2000 Paar Schuhe, 1500 Paar Stiefeln, 1500 Perücken und 800 reiche Schlafröcke fanden. Künsten und Wissenschaften kam indessen auch ein großer Theil dieses Aufwandes zu Gute und B.'s Bibliothek wurde z.B. nach seinem Tode vom Kurfürsten von Sachsen für 60,000 Thaler gekauft. Nachdem B. durch einen Stammbaum seine Abkunft von einer alten poln. Familie dargethan und dessen Anerkennung auf dem poln. Reichstage durchgesetzt hatte, erhielt er noch einträgliche Ämter in Polen und erwarb auch dort weitläufige Besitzungen. Kurze Zeit nach der Rückkehr aus Polen nach Dresden starb August III. (5. Oct. 1763) und B. folgte ihm am 28. Oct. nach. Eine Untersuchung, welche über seinen mit Beschlag belegten Nachlaß angeordnet wurde, endigte damit, daß sein ganzes Vermögen auf seine Nachkommen überging, da es größtentheils eine Frucht der Freigebigkeit seines Gebieters zu sein schien, durch dessen Unterschrift er sich auch bei allen wichtigen Handlungen vor Verantwortlichkeit gesichert hatte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 332.
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